Düsseldorf. Hannelore Kraft will im just begonnen NRW-Landtagswahlkampf auf Volksnähe und Verwurzelung in ihrem Land setzen. Norbert Röttgen will die Noch-Ministerpräsidentin als Schuldenkönigin und seine Partei als soliden Gegenentwurf präsentieren. Ohne sich dabei festzulegen, wo er seine Zukunft ohne Wahlsieg sieht. Ein Kandidatencheck.

Die rot-grüne Regierung war erst wenige Stunden gescheitert, da sah sich Norbert Röttgen bereits dutzendfach mit seinem persönlichen Unwort konfrontiert: „Oppositionsführer“. Immer wieder wurde der Bundesumweltminister und CDU-Spitzenkandidat für die vorgezogene NRW-Wahl gefragt, ob er auch im Falle einer Niederlage als „Oppositionsführer“ in Düsseldorf bleiben werde. Röttgen hatte unermüdlich geantwortet, er wolle Ministerpräsident werden und nicht Oppositionsführer, im Übrigen werde seine Partei diese Frage nach dem Wahltag beraten.

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Als er am Mittwochabend noch vor den Fernsehkameras stand, trat in der CDU-Parteizentrale bereits der Landesvorstand zusammen. Helmut Linssen, der frühere Finanzminister und alte Fahrensmann, machte das Bekenntnis des Spitzenkandidaten zur Landespolitik zum Thema. Seine Erinnerung an den NRW-Wahlkampf mit dem einstigen Bundesminister Norbert Blüm als „Kandidat auf Durchreise“ sei noch sehr wach, grummelte Linssen Teilnehmern zufolge. Die Öffentlichkeit werde Röttgens Zukunft nun hinterfragen, zumal Ministerpräsidentin Kraft mit ihrer NRW-Verwurzelung werbe.

Selbst Schauerte mahnt zum NRW-Bekenntnis

Auch der Chef der Mittelstandsvereinigung, Hartmut Schauerte, warnte den Angaben zufolge sinngemäß, Röttgen müsse sein Verhältnis zur Landespolitik klären. Dazu muss man wissen, dass Schauerte zu den glühendsten Unterstützern Röttgens gehört. Der CDU-Wirtschaftsflügel hatte nach der Wahlniederlage 2010 rasch einen Mitgliederentscheid um die Nachfolge von Landeschef Jürgen Rüttgers angeregt. So konnte der rhetorisch beschlagene und bekanntere Röttgen gegen den Favoriten des Partei-Establishments, Ex-Landesminister Armin Laschet, klar gewinnen.

Damals erfand Röttgen das Credo einer „Politik mit den Augen unserer Kinder“, das ihn auch jetzt durch den Wahlkampf tragen soll. Gegen eine „hemmungslose Verschuldungspolitik von Rot-Grün“ will er ein Konzept der Generationenverantwortung setzen. Dabei soll der Bogen über solide Finanzen, Kinderbetreuung, Industriepolitik und Kommunalfinanzen geschlagen werden.

Eine Debatte über die persönlichen Ambitionen Röttgens muss man vermeiden. Klar erscheint jedoch, dass der CDU-Bundesvize in Berlin nach Höherem strebt und keinesfalls als Oppositionsführer in den Landtag wechseln würde wie Rüttgers im Jahr 2000.

Bündnisoffen nach allen Seiten

Auch die Machtoptionen sind für die Union kein Idealthema. Der natürliche Koalitionspartner FDP droht zu verkümmern, zudem ist die Umfragenlage für Rot-Grün günstig. Röttgen behilft sich, indem er Bündnisoffenheit nach allen Seiten zeigt.

Ob sich Regierungsamt in Berlin und Wahlkampf hier vertragen? „Absolut machbar“, findet Röttgen, schließlich seien Schröder und Rau sogar als Ministerpräsidenten in einen Kampf ums Kanzleramt gezogen. Wobei er nichts über weitergehende Pläne gesagt haben will. Natürlich.