Kamen. .
Erinnern Sie sich noch an die Zeit, da man den Kassettenrekorder neben das Radio stellte, um das Lieblingslied aufzunehmen? Keiner durfte einen Mucks machen, wäre ja sonst auf dem Band gewesen. Heute reicht ein Klick am Computer, um aktuelle Songs aus dem Internet zu laden. Der Unterschied: Früher rückte einem kein Anwalt auf die Pelle, wenn man Lieder „klaute“. Heute kann’s richtig teuer werden. Denn wer Musik herunter lädt, die urheberrechtlich geschützt ist, verstößt gegen geltendes Recht. Die Folge: Um die Urheberrechte an Musiktiteln zu schützen, lässt die Unterhaltungsindustrie insbesondere Tauschbörsen nach illegal eingestellten Inhalten durchsuchen. Und davon gibt’s unzählige.
53 Männer und Frauen meldeten sich seit April 2011 in der Kamener Verbraucherzentrale. Sie alle erhielten Anwaltsschreiben. Zumeist ein dicker Batzen Papier inklusive Unterlassungserklärung, juristischen Fachbegriffen und Gesetzestexten, mit denen die Empfänger völlig überfordert seien, wie Reinhard Giesen, Fachanwalt für Urheberrechtsverletzungen erklärt. Vorwiegend treffe es junge Leute, die im Schnitt 700 Euro an Schadensersatz berappen sollten, erklärt die Leiterin der Verbraucherzentrale, Elvira Roth. Aber auch die 80-Jährige soll angeblich illegal Musik aus dem Netz runtergeladen haben soll.
„Ob gerechter Anspruch oder nicht, die Zahl der Betroffenen und die Geldforderungen sind zu hoch“, beklagt Roth die geltende Rechtslage, die häufig zu Lasten von Internetnutzern ausgelegt werden kann. Denn Tauschbörsen an sich seien nicht rechtswidrig und grundsätzlich sei es hier erlaubt, Lieder oder Filme für den eigenen privaten Gebrauch herunter zu laden – so sie denn nicht aus „offensichtlich rechtswidrigen Quellen“ stammen. Richtig brenzlig wird es für den Nutzer, wenn er Downloads Dritten im Netz zugänglich macht.
Wie aber erkennt der Nutzer, ob etwas illegal ist? Genau hier, so Roth, tappe man leider häufig in die Falle, weil es gar nicht zu erkennen ist. Roth befürchtet: Die Mahnwelle sei erst im vergangenen Jahr losgetreten worden, sie werde schlimmer. Fachanwalt Giesen fordert eine verbraucherfreundlichere Rechtssprechung: Es sei in der Regel nicht die Absicht der Nutzer, jemandem im Netz illegal etwas zur Verfügung zu stellen, sagt er. Und die müsse man klar trennen von denen, die damit Geld verdienen wollten.