Gelsenkirchen. Schalke weiß Raúls Wert zu schätzen, will ihn aber nicht um jeden Preis halten - schließlich verdient der Stürmer ein fürstliches Gehalt. Der Verein hat dem Spanier ein Angebot für einen Einjahresvertrag vorgelegt, jetzt ist dieser am Zug. Ein Abschied scheint nicht mehr undenkbar.
Es gab bei diesem Spieler schon hochwertigere Anlässe für Szenenapplaus, aber auch diesen hatte er sich verdient. Obwohl ein Fehler der Ausgangspunkt war. Fünf Minuten vor der Pause vergurkte Raúl bei Schalkes 3:1 gegen Hamburg eine Flanke. Er wusste, dass nun schleunigst Korrekturarbeit angesagt war. Über 50 Meter raste er Gojko Kacar hinterher, für so etwas ist sich der Weltstar nie zu schade. Mit einer Grätsche an der Mittellinie eroberte der Spanier den Ball zurück. Für einen 34-Jährigen eine enorme Energieleistung, die im Ruhrgebiet natürlich besonders honoriert wird. Ohne Schweiß kein Preis.
Für die Fans ist Raúl Kult: Sie sind stolz, dass einer wie er Königsblau trägt, sie lieben ihn für die vielen besonderen Momente, die er ihnen geschenkt hat, und sie mögen sein nie gockelhaftes Auftreten.
Integrations- und Identifikationsfigur
Schalkes Führungskräfte müssen anders denken, sie dürfen sich nicht emotional treiben lassen. Sie wissen Raúl als Integrations- und Identifikationsfigur zu schätzen. Dieses Paket hat aber auch seinen Preis. Raúl soll derzeit fünf Millionen Euro von Schalke und noch zwei von Real Madrid kassieren. Ende Juni läuft der Vertrag aus, es ist seit Januar bekannt, dass Schalke den Spanier nur noch für eine weitere Saison beschäftigen möchte. Weil dies nun auch Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies bestätigt hat („Wir haben ihm ein gutes Angebot für ein Jahr gemacht“), ist gerade mal wieder die Aufregung groß. Raúl hat sich noch nicht gerührt. Schalke muss sparen, man wird es ihm vermittelt haben. Es heißt, er wünsche einen Zweijahresvertrag. In den USA oder in Katar könnte er die Bedingungen diktieren.
Schalke will Raúl nicht um jeden Preis halten. Dies deutete auch Huub Stevens in einem Interview mit Bild am Sonntag an: „Man muss bei ihm genau sehen, welche Leistung dem Gehalt gegenübersteht“, sagte der Trainer. „Er ist 34 Jahre alt, bei ihm geht es darum, das Niveau zu halten.“
Auch bei Stevens galt Raúl bisher als unantastbar. Diesen Status könnte er künftig verlieren. Positionell blockiert er die Entwicklung von Julian Draxler und Lewis Holtby. Dies wird hingenommen, solange Raúl überragend spielt. Seit Wochen aber zeigt seine Leistungskurve eher nach unten. Daraus ergeben sich Zweifel. Der feinfühlige, stolze Raúl wird diese Zweifel spüren.