Lüdenscheid. .

Mit gezielten Testkäufen rückt die Stadt Lüdenscheid Geschäften auf den Pelz, die Alkohol, Zigaretten, aber auch Videos und nicht frei gegebene Computerspiele an Jugendliche abgeben.

Die verdeckten Ermittler von Jugend- und Ordnungsamt sind 16 und 17 Jahre alt. Fünf junge Leute, die der Stadt aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für das Jugendamt bekannt sind, gehen künftig auf Einkaufstour in Kiosken, Supermärkten und Tankstellen. Die Jugendlichen seien dafür eigens nach charakterlicher und sozialer Eignung ausgesucht und das Vorhaben natürlich mit den Eltern abgestimmt worden. „Die waren regelrecht begeistert“, sagt Jessica Schmidt (Jugendamt), die mit Axel Schwabecher das Projekt in Angriff nahm.

Eltern sind begeistert

Denn vielen Eltern macht ebenso wie Verantwortlichen der Stadt das systematische Koma-Saufen Jugendlicher erhebliche Sorgen. Es scheint einfach, auch an härteren Stoff zu kommen. Die 59 Fälle von unter 18-Jährigen, die im Spitzenjahr 2008 in der Kinderklinik aufwachten, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Meist werden die mehr oder weniger Bewusstlosen noch von Freunden nach Hause geschleift, weiß Jessica Schmidt aus den Schülerseminaren, wenn die Halbwüchsigen bemerkenswert offen von ihren Wochenend-Aktivitäten berichten.

Dann zeigen Schmidt und Schwabecher den Jugendlichen im Gegenzug die Windeln, in denen sie in der Kinderklinik aufwachen könnten, das ziemlich peinliche Engelhemdchen und die dicke Braunüle, die meist in den Handrücken gestochen wird. „Das ist dann nicht mehr witzig.“

Allerdings gehe es beim Vorhaben überhaupt nicht darum, „Verstöße zu sammeln“, macht Axel Schwabecher deutlich. Ziel sei es, die Händler sensibel zu machen für das Problem. „Doch die Jugendlichen sind nicht Täter, sondern Opfer.“

Dass das Ordnungsamt ein Auge auf das Thema hat, ist dabei keineswegs neu. Etwa 20 Ermittlungsverfahren laufen jedes Jahr. „In der Realität haben wir aber Schwierigkeiten mit dem Nachweis.“

Das könnte sich insoweit ändern, weil jetzt die Fachämter direkt mit im Boot sind, wenn die Jugendlichen sich zum Schein eindecken. Es bestehe ununterbrochener Sichtkontakt zu den städtischen Mitarbeitern. In beiden Fällen, sowohl beim erfolgten Verkauf wie bei Ablehnung, werde unmittelbar darauf der Kontakt zum Verkäufer hergestellt; entweder, um ihn auf seine Ordnungswidrigkeit aufmerksam zu machen – oder aber deutlich zu machen, dass er genau richtig gehandelt hat, wenn er sich den Ausweis hat vorzeigen lassen. Auch davon erwartet Schwabecher eine Signalwirkung.

Mur mit Ausweis aufder sicheren Seite

Wer Jugendlichen Schnaps, Bier, Wein oder Zigaretten verkauft, kann sich übrigens schwer auf einen Irrtum berufen, macht Ordnungsamtsleiterin Martina von Schaewen deutlich. Auch wenn die 17-Jährige auf den ersten Blick auch als 20-Jährige durchgehen könnte – nur, wer sich den Ausweis zeigen lässt, ist auf der sicheren Seite. Wer aber gegen den Jugendschutz verstößt, bekommt ein Problem. 150 bis 500 Euro, das ist die finanzielle Größenordnung der Ordnungswidrigkeit – viel Geld für eine Verkäuferin, die wohl kaum nachweisen kann, dass ihr nie jemand etwas zum Thema erzählt hat.
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