Altena. .
Pilgern beginnt vor der Haustür. Peter Schlippe zog sie am 13. Februar hinter sich zu und stieg in den Zug nach Dortmund. In acht Tagen, das war ihm klar, würde er zu Fuß nicht nach Santiago de Compostela kommen. Aber immerhin bis zum Aachener Dom. Dort wurden dem jungen Altenaer nach 200 erwanderten Kilometern zwei besondere Empfänge geboten.
Den Schmutz der Wiesen, Wälder und asphaltierten Industrie-Straßen des Ruhrgebiets hat Peter Schlippe noch nicht von seinen Schuhen abgewaschen. Zu schön und zu frisch sind die Erinnerungen an die wunderbare Reise auf den Pfaden der Jakobspilger. „Um nach Santiago de Compostela zu gelangen, konnten sich die Gläubigen schließlich nicht einfach ins Flugzeug setzen. Deshalb sind auch auf ihren Pfaden in Deutschland noch immer ihre Spuren zu sehen“, erklärt Peter Schlippe.
Das wichtigste Kennzeichen, die Muschel, schenkte ihm ein echter Pilger-Experte: Stefan Albus, der über seine Pilger-Erfahrungen in Deutschland ein Buch verfasst hat. Peter Schlippe trug sie fast immer gut sichtbar bei sich. „Nur im Karneval habe ich sie manchmal lieber unter der
Jacke getragen. Ich wollte nicht, dass sie von betrunkenen Jecken zerstört wird.“
Tatsächlich glaubte mancher Weggefährte, Peter Schlippe habe ein besonders originelles Karnevalskostüm gewählt. Besonders in Hochburgen wie Düsseldorf, die der 20-jährige zur fünften Jahreszeit durchquerte. „Das war ein echter Kulturschock für mich!“ Nach einigen Stunden der Wanderung und inneren Einkehr auf einsamen Pfaden kam ihm der Karneval vor wie eine andere Welt. Auch nicht jede Kirche gewährte ihm immer Einlass zu dieser Zeit. Die wollte der Pilger aufsuchen, um sich einen Stempel für sein Buch abzuholen.
Zeit zur Beantragung eines authentischen Pilgerpasses hatte Peter Schlippe nicht. „Dafür hatte ich mich zu spontan zu der Reise entschlossen.“
Eine gute Ausrüstung bekam er vor Ort bei Jan’s Radland, verbunden mit einem echten Geheimtipp: Auf keinen Fall sollte Industrieklebeband im Gepäck fehlen. „Damit kann man nicht nur kaputte Sachen flicken, sondern auch Blasen umwickeln, dass sie einen nicht beim Gehen stören.“
Um seinen Pilgerstab, den er im Altenaer Wald gefunden und zurecht geschliffen hatte, war Peter Schlippe nicht nur wegen der Blasen, sondern auch einer Knieverletzung dankbar. Ein abstehender Ast bildete eine Kerbe in der
Gehhilfe, auf die Peter Schlippe sich an jeder roten Ampel stützte. Weil die Muschel ihn kenntlich machte, kam der Pilger in den zivilisierten Gebieten häufig ins Gespräch mit anderen Menschen. Sogar der auf dem „echten Jakobsweg“ übliche Gruß „Buen Camino!“ wurde ihm zugerufen. „Die Leute, mit denen ich ins Gespräch gekommen bin, sind mir sehr offen begegnet.“
Auch ein Kloster wurde zur Herberge
Die Sorge, keine Unterkunft für die Nacht zu finden, schwand mit jeder diesen Begegnungen immer mehr. Schlippe nächtigte in Jugendherbergen, Pensionen und sogar einmal im Kloster.
Ausgerechnet die Ankunft am Ziel, dem Aachener Dom, geriet zur Farce: „Wegen Dreharbeiten gesperrt“, hieß es da. Der Domwächter wies ihn schroff ab. Peter Schlippe wurde noch in der Nacht entschädigt: Sein letzter Gastgeber, David Holtkemper, gehört der katholischen Studentenverbindung an, die sich zur Nachtwache im Dom verpflichtet hat. Die jungen Leute veranstalteten eine exklusive Führung
in der Kirche für ihren Ehrengast Peter, den Pilger. „Das war wunderschön!“