Kamen.

. „Energiearmut grassiert“, warnt die Kamener Verbraucherberaterin Elvira Roth. Da scheint die Zahl von 918 Fällen im Jahr 2011, bei denen die Gemeinschaftsstadtwerke aufgrund nicht bezahlter Strom- und Gasrechnungen die Lieferung temporär einstellen mussten, auf den ersten Blick wie eine Bestätigung.

„Vor dem Hintergrund einer Gesamtzahl von 80 000 Verträgen und unter Berücksichtigung, dass sich hinter diesen 918 Fällen auch viele Kunden verbergen, die mehrmals im Jahr einen Lieferstopp hinnehmen mussten, relativiert sich diese Zahl allerdings“, meint GSW-Chef Jochen Baudrexl.

Allein der Begriff „Energiearmut“ sei aus seiner Sicht irreführend. „Vielmehr beobachte ich seit Jahren eine Preissteigerung in allen Lebensbereichen, bei gleichzeitig sinkenden verfügbaren Familieneinkommen.“

Baudrexl geht sogar noch einen Schritt weiter. „Natürlich gibt es bedrückende finanzielle Notsituationen in einzelnen Haushalten. Tatsache ist allerdings aus unserer Sicht als Energieversorger: Die Zahl der durch säumige Zahlungen verursachten Mahnverfahren in unserem Haus ist seit 2005 stetig rückläufig. Sie ist von damals 25 000 auf 15 700 im Jahr 2011 gesunken.“ 92-94 % aller Verträge liefen „vollkommen störungsfrei. Bei 6 bis 8% müssten Mahnverfahren eingeleitet werden, wobei dies durchaus mehrmals im Jahr ein und dieselben Kunden betreffe. „Und nur bei einem Fünftel davon kommt es zur Androhung eines Lieferstopps!“

Nach Angaben der GSW führten die Steigerungen beim Strompreis über einen Zeitraum von sieben Jahren seit 2005 für einen „normalen Musterhaushalt“ im Versorgungsgebiet zu Mehrkosten von 260 € im Jahr, beim Gas sind es 300 €. Das findet Baudrexl angesichts der langen Zeitspanne „durchaus moderat, wenn man sieht, wie im gleichen Zeitraum die Inflation angezogen hat, Reallöhne gesunken sind und andere Preise (z.B.Benzin) und Abgaben (z.B. Steuern) gestiegen sind.“

Gerade vor dem Hintergrund des Ausstieges aus der Atomenergie und dem Umbau der Energieversorgung insgesamt sei des Ende der Preisspirale aber nicht erreicht. Er schließe allerdings für sein Unternehmen nach dem heutigen Stand eine Preiserhöhung für Strom, Gas und Wasser im laufenden Jahr aus.

Grundsätzlich empfiehlt Baudrexl GSW-Kunden, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können, „das Gespräch mit unseren Kundenberatern zu suchen“. Bei gutem Willen seien „Vereinbarungen über moderate Ratenzahlungen“ für aufgelaufene Forderungen möglich. „Schlimmer ist es, wenn man in einer solchen Notsituation den Kopf in den Sand steckt und gar nicht auf Mahnungen und Sperrandrohungen reagiert.“

Die Verbraucherzentrale rät: Auch, wer noch so knapp bei Kasse ist, sollte Miete und die Kosten für Strom und Heizung vor allen anderen Verpflichtungen bezahlen. Bei Rückständen empfiehlt es sich, umgehend Hilfe bei Verbraucherzentrale oder der Schuldnerberatung, Jobcenter bzw. Sozialamt zu suchen. Je früher, desto größer die Chance, Kündigung und Stromsperren zu vermeiden.