Dorsten. .
Wohnungseinbrüche sind in Dorsten zu einer gruseligen Normalität geworden. Kaum ein Tag, an dem die Polizei nicht neue Taten vermeldet. Wie so ein Verbrechen in das Leben von Menschen eingreift, schildert die allein lebende Dorstenerin Maria M. (Name geändert). Als sie im November von einer Reise nach Hause kam, war ihr Haus durchwühlt. Ein Einbruch. Von dem Schock hat sie sich bis heute nicht erholt. „Ich fühle mich in der eigenen Wohnung noch immer wie zu Besuch und schlafe im Gästezimmer”, sagt sie im WAZ-Gespräch.
Schildern Sie mal: Wie sind die Ganoven bei Ihnen eingebrochen?
Sie haben’s erst am Kellerschacht versucht. Das Gitter stand noch daneben. Dann am Büro. Das Fenster war leicht verkantet. Übers Schlafzimmer sind sie dann eingestiegen. Das Fenster da hat zwei Flügel. Einen haben sie aufgehebelt.
Wie sah es in der Wohnung aus?
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Ich war ja länger weg und das haben die Einbrecher wohl gemerkt. An den Spuren im Vorgarten kann man erkennen, dass sie mehrfach in der Wohnung waren. Die haben wirklich alles durchwühlt. Das Unterste war zuoberst gekehrt. Alle Schränke waren offen. Die Täter haben noch den Alibert im Badezimmer und die Garnschubladen im Nähmaschinenschrank durchwühlt. Alle Bilder hingen schief. Die haben wohl einen Tresor gesucht. Alles, was ‘nen Deckel hatte, haben sie aufgemacht, in der Küche selbst die Teedosen und Kaffeekannen. Alle Deckel lagen schief auf. Da bin ich erst später drauf gekommen: So haben die wohl markiert, was sie schon untersucht haben. Im Büro – das war das Schlimmste – haben sie Akten aus 35 Jahren auf den Boden geschmissen. Ich konnte zuerst nicht mal die Versicherung informieren, weil deren Telefonnummer irgendwo in dem Papierberg steckte. Da hab ich erstmal das Büro meines Anwalt angerufen. Ich fand’ hier ja nichts. Nicht mal meine Versicherungsnummer.
Wie haben Sie den Einbruch erlebt?
Ich hab’ gedacht, mich trifft der Schlag, als ich nach dem Urlaub wieder ins Haus kam. Ich bin im Büro über die Aktenberge zum Telefon geklettert und konnte kaum 110 wählen. Als die Polizei kam – gleichzeitig mit meinem Sohn – und Fotos gemacht und Fingerabdrücke gesucht hat, stand ich immer noch da. Ich war wie vom Donner gerührt.
Wie fühlen Sie sich jetzt?
Ich bin ins Mark getroffen und stehe bis heute unter Schock. Ich bin an dem Abend ins Gästezimmer unterm Dach gezogen und schlafe immer noch oben. Am nächsten Morgen konnte ich in der ganzen Wohnung nichts anfassen. Ich hab nur gedacht, mach die Tür zu. Ich will mein Leben nicht selber aufräumen. Das sollten irgendwann meine Erben tun. Erst zehn Tage später habe ich mit meinem Sohn angefangen, Ordnung zu schaffen. Erst das leichte, das Wohnzimmer, die Bücher wieder gerade rücken. Die standen alle schief. Die Einbrecher haben wohl nur dahinter gegriffen und nach Wertsachen gesucht. Im Büro anzufangen, hat mich am meisten Überwindung gekostet. Und in der Küche habe ich erst danach angefangen. In den ersten Wochen konnte ich darin nur Kaffee kochen. Mittagessen habe ich mir mittags aus der Stadt geholt.
Wissen Sie, was gestohlen wurde?
Die Beute konnte ich vier Wochen nicht beziffern. Jetzt weiß ich: Die haben Geld und Gold gesucht und mitgenommen, was leicht und nicht wiederzuerkennen ist. Laptop und Flachbildfernseher kann ich verschmerzen. Beim Schmuck waren einige kostbare Familienstücke. Dabei hab’ ich hier noch andere Sachen von Wert.Der Polizistin ist sofort aufgefallen, dass die Geige meines Vaters – auf der hab’ ich auch Spielen gelernt – noch an der Wand hängt.
Haben die Einbrecher viel kaputt gemacht?
Nein. Die Polizei sagte, ich könnte froh sein, dass alle Schlüssel an den Schränken und Türen gesteckt hätten. Darum haben die Täter nichts aufgebrochen. Die haben einfach nur alles durchsucht.
Es wird oft berichtet, dass Opfer von Einbrüchen sich danach fremd fühlen in der eigenen Wohnung.
Ich fühle mich immer noch wie auf Besuch. Jetzt warte ich auf den Anstreicher, danach kann das neue Bett geliefert werden, das ich bestellt habe. Vielleicht können frische Farbe und neue Möbel den Schock verdrängen.