Märkischer Kreis. .

Vor vier Jahren: Die Mädchen in seiner Klasse sind doof. „Zu albern, zu tussig“, findet Martin (16). Meistens tuscheln sie und kichern, wenn er an ihnen vorbei geht. Abends sitzt der Altenaer dann am PC. Er ist beim Knuddel-Chat angemeldet.

Meistens schreibt er sich dann mit PinkyFee16. „Ich würde schon sagen, dass sie meine beste Freundin ist“, sagt Martin. Sie reden über alles. Auch über die Mädchen in der Schule. Julia, so heißt sie wirklich, findet die Typen in ihrer Klasse auch doof. Julia wohnt irgendwo bei Dresden. Martin hat das mal gegoogelt. Ganz schön weit weg von Altena. Aber treffen würde er sie schon mal gern. Sie haben sich schon mal Fotos hin und her geschickt. Als er ihr Gesicht sah, hatte er sich verliebt. Das weiß er.

Zwei Wochen später hat Julia ihren Beziehungsstatus bei Facebook auf vergeben gestellt, Martin auch. Sie sind jetzt zusammen. Und in den Ferien treffen sie sich. Julia fährt zu Verwandten nach Dortmund. Da kann er mit dem Zug hinfahren. Endlich. Endlich Julia sehen.

Jetzt: Martins Beziehungsstatus bei Facebook ist immer noch auf vergeben gestellt. Und bei Dorothea auch. Sie haben sich bei einem gemeinsamen Freund kennengelernt. In ein paar Monaten wollen sie zusammen ziehen.

„Das mit Julia ist mir total peinlich, wenn ich das so erzähle“, sagt er. Deswegen möchte er hier auch nicht mit seinem echten Namen stehen. „Ich hab damals gedacht, dass es ein gutes Zeichen ist, wenn man sich so gut versteht.“ Im Internet, im Chat. „Aber in Wirklichkeit ist das alles oberflächlich.“ Martin kann sich schon vorstellen, dass andere vielleicht mehr Glück haben. Dass Liebe übers Internet vielleicht wirklich funktioniert. Bei ihm nicht. „Ganze Nächte hab ich mit dem Chatten zugebracht. So viel gab es zu erzählen. Aber wir haben auch einfach Mist geschrieben. Solche Unterhaltungen würde man nie in echt führen.“

Als er sich mit Julia traf, hätte Martin sie vom Foto kaum erkannt. „Sie sah echt anders aus, als auf dem Foto. Nicht schlecht oder so. Aber ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte.“ Sie waren zusammen im Kino, dann noch ein Eis essen. „Aber irgendwas fehlte“, sagt Martin ohne genau sagen zu können, was es war. „Ich glaube, Du erschaffst Dir im Kopf Deinen Super-Partner. Du setzt die paar Puzzlesteine, die Du von ihm hast zusammen, bastelst Dir drumherum noch ein paar schöne Glitzersteine. Aber dann triffst Du Dich und stellst fest, dass Deine eingebauten Steine gar nicht zur Realität passen. Und dann bist Du enttäuscht.“

Er hat Julia nur das eine Mal getroffen. Danach haben sie noch gechattet, aber auch nicht mehr lange.

Mit Dorothea ist das anders. Sie haben sich im Real-Life kennengelernt. Und Martin ist überzeugt: „Da merkst Du sofort, ob es passt.“