Dorsten/Essen. .

Sie weint bitterlich beim Urteil. Alpträume und Schlaflosigkeit quälen die jetzt 21-Jährige noch heute, mehr als zehn Jahre nachdem ihr damaliger Stiefvater begann, sie sexuell zu missbrauchen.

Neun Jahre alt war sie, als der jetzt 60-Jährige sie in der ehelichen Wohnung in Wulfen-Barkenberg zum ersten Mal begrapschte. Gestern stand der einschlägig vorbestrafte Mann vor dem Essener Landgericht, das ihn wegen sechs Fällen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilte.

Nachdem er ausgiebig geschildert hatte, wie gut er doch die Töchter seiner damaligen Ehefrau behandelt habe, bestreitet er vehement jeglichen Missbrauch. Im Wohnzimmer habe er nach dem Baden „Creme auf dem Rücken der Kinder verteilt“, sagt er und fügt hinzu, „ bin dabei vielleicht irgendwo hingekommen, wo ich nicht sollte.“ Er tut sich schwer mit einem Geständnis. Richterin Luise Nünning hilft ihm auf die Sprünge, erklärt, dass es „ schambesetzt sei, so etwas zu gestehen,“ dass man im Prozess aber nur weiter komme, wenn er die Scham überwinde.

Nach einer Pause gesteht er, eins der Mädchen unsittlich berührt und geküsst zu haben. Staatsanwältin Beke Nossek will ihn für zwei Jahre drei Monate hinter Gittern sehen, hatte der Angeklagte doch kurz vor der Tat erst drei Jahre und drei Monate Haft verbüßt wegen Missbrauchs einer Stieftochter aus einer früheren Ehe.

Mit weißer Kappe und lila Gehhilfe erscheint der 60-Jährige gebrechlich vor Gericht. Die Kammer geht aber davon aus, „dass er sicher fitter ist, als er sich darstellt“, erklärt Luise Nünning. Fünfmal war der Mann bereits verheiratet. In seiner jetzigen Ehe sind die Kinder schon erwachsen und aus dem Haus. Seiner früheren Stieftochter wünscht er im Prozess „ alles Gute.“ Die junge Frau hatte erst über den Missbrauch geschwiegen aus Angst, die Ehe der Mutter zu zerstören. Als sie sich Jahre später endlich der Mutter offenbarte, glaubte diese ihr nicht. Die junge Frau zog aus und ging zur Polizei. Eine Mutter, die der Tochter nicht glaubt, ist „ sicher schwer zu ertragen“, so Luise Nünning und vermutet, „ das sei manchmal schlimmer, als die Tat selber.“