Bergkamen. . Der 27. Januar ist seit 1995 der offizielle Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Heute legt Bürgermeister Roland Schäfer um 16 Uhr an der Gedenkstätte Schönhausen einen Kranz nieder.
Der 27. Januar ist seit 1995 der offizielle Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. An diesem Tag im Jahr 1945 befreite die Rote Armee das KZ Auschwitz. Ein Konzentrationslager gab es von April bis Oktober 1933 auch in Bergkamen. Heute legt Bürgermeister Schäfer um 16 Uhr an der Gedenkstätte Schönhausen einen Kranz nieder.
Mit einem nächtlichen Telefonanruf begann die systematische Verfolgung der Opposition gegen die Nazi-Machthaber im Kreis Unna. Um 2.30 Uhr gab der ehemalige kommissarische Landrat und Bergwerksdirektor der Kamener Zeche Monopol, Wilhelm Tengelmann, am 12. April 1933 den Ortspolizeibehörden den Befehl, „sämtliche Führer und Ersatzführer der KPD und sämtlicher Nebenorganisationen“ zu verhaften.
Diese Aktion solle um 4.30 Uhr gestartet werden, notierte ein Polizeibeamter der Kamener Wache das Gespräch mit. Untergebracht werden sollten die Verhafteten in der „Turnhalle Schönhausen-Bergkamen“. Um 11 Uhr erwartete Tengelmann die Berichte der Ortspolizeibehörden.
Systematischen Verfolgung
Der Start der systematischen Verfolgung von KPD-Mitgliedern erfolgte spätestens mit dem Brand des Berliner Reichstags vom 27. auf den 28. Februar 1933. Die neuen braunen Machthaber machten dafür Kommunisten verantwortlich. Dass die Verhaftungswelle erst sechs Wochen später über den Kreis Unna hinwegschwappte, in der Nacht zum 12. April wurden 486 Frauen und Männer festgenommen, hatten offensichtlich logistische Gründe.
Verhaftungen gab es natürlich schon vorher, allerdings stießen die Unterbringungsmöglichkeiten für die Gefangenen vor Ort schnell an Grenzen. Selbst die Weiterleitung in Staatsgefängnisse stockte, weil die überfüllt waren. So forderte der Amtsbürgermeister in Pelkum Friedrichs, der auch für die damaligen selbstständigen Gemeinden Bergkamen, Overberge und Rünthe zuständig war, in einem auf den 22. März 1933 datierten Brief an Landrat Tengelmann die Schaffung eines Konzentrationslagers.
Vermutlich kam Tengelmann dieser Aufforderung gern nach. Dass sein Auge bei der Wahl des KZ-Standorts auf das sogenannte Wohlfahrtsgebäude in der Bergarbeitersiedlung Schönhausen fiel, hat auch damit zu tun, dass er die Räumlichkeiten als Bergwerkschef von Monopol sehr gut kannte, denn das Wohlfahrtsgebäude gehörte wie Monopol der Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft. Offensichtlich wusste er aber auch, dass die Kapazität in Schönhausen schnell erschöpft sein wird, eine dauerhafte Unterbringung von Häftlingen deshalb nicht möglich war.
Ein Freund Hermann Görings
Bei der Lösung dieses Problems half ihm sicherlich seine freundschaftliche Verbindung zu Hermann Göring, der zu diesem Zeitpunkt im Hitler-Kabinett Reichsminister ohne Geschäftsbereich war und mit dem „Reichskommissariat für das preußische Innenministerium“ betraut war. Am 10. April 1933 wurde er zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt.
Aus dieser Beziehung ergaben sich gute Verbindungen zur Höheren Polizeiführung West, die den Leiter der damaligen Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler, Ernst Scheidges, bedrängte, Plätze für die Unterbringung von Schutzhäftlingen zur Verfügung zur stellen. Die Zusage kam ebenfalls am 12. April 1933.
Die Historiker Hermann Daners und Josef Wißkirchen, die die Geschichte der Arbeitsanstalt vor den Toren Köln in der NS-Zeit erforscht haben, messen vor diesem Hintergrund Wilhelm Tengelmann eine wichtige Rolle beim Aufbau des KZ Brauweiler zu. Dort wurden Inhaftierte nicht nur aus dem Kreis Unna, sondern aus dem gesamten Ruhrgebiet untergebracht.
Bereits drei Tage nach der ersten von Tengelmann angeordneten Verhaftungswelle wurden die ersten 60 Gefangenen von Schönhausen nach Brauweiler gebracht. In der Nacht zum 15. April 1945 kündigte der Landrat um 1.15 Uhr der Ortspolizeibehörde in Löwenich den Transport an, der laut Fahrplan dort um 10.43 Uhr eintreffen sollte. Verbunden damit war die Bitte, ein Sicherungskommando zu stellen. Preußisch akkurat hatte in Löwenich Landjägermeister Köhler den Empfang der 60 Schutzhaftgefangenen, die in einer Liste mit ihren Wohnortadressen namentlich aufgeführt waren, mit seiner Unterschrift bestätigt.