Halver. .
Will man bei Fleisch und Wurst die Herkunft regional verfolgen, ist das in Oberbrügge einfach. Der Rinderstall von Biobauer Henning Wolf ist nicht zu übersehen.
Der Betrieb ist seit 1996 biozertifiziert. Jetzt im Winter stehen hier 100 Tiere in großen Boxen. Artgerechte bio-zertifizierte Haltung sieht vor, dass die Tiere auf teils bis zu 70 Zentimeter dicken Strohmatten liegen. Das hält trocken, weich und warm. „Stroh macht froh“, zitiert Wolf einen gängigen Slogan der Branche. „In einem konventionellen Betrieb könnten dreimal soviel Tiere auf die Fläche“, zieht er einen Vergleich. Jeder kann sich ausrechnen, dass biologischer Landbau an dieser Stelle teurer ist. Auch auf der Weide haben Wolfs Tiere viel Platz. Jedes Rindvieh, das älter als fünf Monate ist, verbringt den Sommer draußen.
Auslauf brauchen auch Hühner und Schweine. „Unsere Masttiere erhalten nur Futter, das in Halver wächst“, erklärt er. Rinder überwiegend Gras und Grassilage, Heu und Getreide. Schweine bekommen gedämpfte Kartoffeln zur besseren Eiweiß- und Stärkeverwertung, Getreide, Erbsen und Ackerbohnen.
Henning Wolf ist zweiter Gesellschafter der Bäuerlichen Fleischverarbeitung Berg und Mark GmbH in Vossebrechen (Wipperfürth). „In einer kleinen Schlachterei habe ich die 100-prozentige Garantie, dass ich mein eigenes Tier wiederkriege“, nennt er einen wichtigen Grund. Der kurze Transportweg ist ein zusätzlicher. „Die Tiere werden einzeln geschlachtet“, ergänzt er. Heißt: Es sieht nicht, wie ein anderes Tier getötet wird.
In der Schlachterei auf dem Hof der Familie Beinghaus werden Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Dammwild geschlachtet. Der Standort im Rheinland bedeutet für Wolf 30 % niedrigere Gebühren bei der Fleischbeschau als im Märkischen Kreis. „Die sagen, sie müssten kostendeckend arbeiten.“ Eine andere kleine Schlachterei aus dem Märkischen Kreis wanderte nach Unna ab, weil auch dort die Gebühren niedriger sind. Eingeschweißt und etikettiert kommen die Produkte später in die Kühltheke des Ladens an der Heerstraße 117. Der Beschriftung kann der Kunde dann die Ohrmarkennummer des Tieres entnehmen.
Gewürze in der Wurst aus Bioanbau
Die Gewürze, die in der Wurst enthalten sind, stammen ebenfalls aus Bioanbau. Sie enthalten keine Konservierungsstoffe, wurden nicht bestrahlt und es fehlt ihnen das Nitritpökelsalz, das üblicherweise auch zum Färben der Wurst eingesetzt wird. Geöffnet ist der Hofladen montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 13 Uhr. „Jeder Lebensmittelskandal bringt uns mit Sicherheit mehr Kunden“, meint Henning Wolf. „Viele vergessen nur sehr schnell.“ Eine 100-prozentige Akzeptanz unter Kollegen werde es wohl nie geben, fügt er an, doch sei der Prozentanteil der Biobetriebe immerhin schon von 1,5 auf 6 oder 7 Prozent gestiegen, setzt er hinzu.
Sechs Sauen, die zweimal im Jahr ferkeln, die im Sommer wie Kühe auf der Weide grasen – das geht nur im Nebenerwerb. Gisela und Reinhard Hedfeld betreiben mit den Familien ihrer Söhne Christoph und Stefan eine „Landwirtschaft, die Spaß macht“. Die Idee kam Reinhard Hedfeld vor 20 Jahren, als Vorschriften und Auflagen aus Brüssel Fahrt aufnahmen. Dass es den Tieren gut geht, kann man auch jetzt im Winter sehen – durch das Fenster in der Wand zwischen dem Stall und dem kleinen Laden.
Hedfelds gehören dem Verein Neuland an. Zu dessen wichtigsten Richtlinien gehört das Verbot gentechnisch veränderter Futtermittel, die Verwendung ausschließlich heimischer Futtermittel, der Verzicht auf Antibiotika-Prophylaxe, Haltung auf Stroh ohne Anbindung, Auslauf ins Freie/Weidehaltung, Tageslicht im Stall – zusammenfassend bäuerliche Landwirtschaft mit Bestands- und Flächenobergrenzen. Geschlachtet werden die Tiere ebenfalls in Vossebrechen. „Die Intensivhaltung kam, weil der Kunde möglichst billig einkaufen will“, zeigt Gisela Hedfeld Verständnis für konventionelle Betriebe. „Dem Kunden sind Auto, Urlaub und Unterhaltungselektronik wichtiger als Nahrungsmittel“, fügt sie hinzu. Der Laden „Auf dem Wiebusch“ ist dienstags, donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Neben Schweine- und Rindfleisch sind Eier und Geflügelfleisch, Kartoffeln, Obst und Gemüse, Brot und Brötchen sowie Milchprodukte und Käse im Sortiment.
Immer mittwochs wird bei Wiebel am Bächterhof ein Bulle geschlachtet. Die Metzgerei von Rainer Wiebel darf sich seit dem 1. Januar 2011 EU-Schlachtbetrieb nennen. Wiebel erhielt eine Schlachtkonzession für eine begrenzte Stückzahl. „Von uns allein könnte ein Bauer nicht existieren“, sagt er. Jede Woche wird ein Tier geschlachtet. Für jedes Tier wird bei der Geburt ein Rinderpass des Landeskontrollverbandes NRW in Krefeld angelegt. Das Dokument enthält neben der Ohrmarkennummer auch „den Stammbaum“. Notiert wird ebenfalls der Besitzer. „Das ist wie der Fahrzeugbrief beim Auto.“ Den Pass erhält immer der Besitzer. So kann man nachvollziehen, woher das Tier stammt. Zehn Jahre muss der Metzger das Dokument aufbewahren. Die Tiere kommen aus einem Umkreis von maximal 20 Kilometern. „Bei Tönnies werden Nacht für Nacht tausende Tiere geschlachtet. Da geht sicher alles ebenfalls hygienisch einwandfrei zu. Bloß kann man da nicht mehr sagen, von welchem Tier das Schnitzel ist, das auf dem Teller landet“, sagt Wiebel.
Jedes Schlachttier mit Stammbaum
Das gelte genauso für die Fleisch- und Wurstabteilungen der Discounter oder in Fast-Food-Restaurants. „Damit will ich nicht die Qualität bewerten“, betont Wiebel. Die Nachvollziehbarkeit der Herkunft ist das, was seine Kunden schätzen. „Das ist meine Daseinsberechtigung.“ Es gibt nicht mehr viele Betriebe, die arbeiten wie seiner. „Der Aufwand ist auch für das Veterinäramt sehr hoch“, ist ihm bewusst. Er meint deshalb: „Das ist politisch nicht gewollt.“