Plettenberg. .
Seit vier Jahren löst eine Finanzkrise die nächste in den überregionalen Schlagzeilen ab. Die Auswirkungen waren in Plettenberg deutlich zu spüren: Nothaushalt der Stadt, Kurzarbeit und Entlassungen in den Unternehmen. 2011 zeigt der Konjunkturverlauf deutlich nach oben. Die WR spricht mit Josef-Werner Schulte, Vorstandsmitglied der Volksbank im Märkischen Kreis, und Kai Hagen, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Sparkasse im Märkischen Kreis, über das Jahr 2011 und die Aussichten für 2012 aus Sicht ihrer regionalen Geldinstitute.
Bankenkrise, Weltwirtschafts-, Euro- und Staatsschuldenkrise – welche Auswirkungen haben sie auf Volksbank und Sparkasse im MK und wie gehen sie damit um?
Schulte: Im großen internationalen Geschäft und Investmentbanking sind wir nicht zu Hause, daher berühren uns die Auswirkungen nur sekundär. Bei kursabhängigen Eigenanlagen halten wir das Risiko überschaubar. Wir sind auf Grund unseres genossenschaftlichen Geschäftsmodells zu mehr als 100 % kundenfinanziert und im Gegensatz zu den Großbanken somit nicht abhängig von den nationalen und internationalen Kapitalmärkten.
Hagen: Wir als regionale Sparkasse sind in unseren Eigenanlagen in den Krisenländern nur sehr unterproportional investiert und daher so gut wie nicht negativ betroffen.
Besonders positiv betroffen sind wir durch unsere Kundennähe in Verbindung mit dem uns eigenen Geschäftsmodell. Durch die damit verbundene Glaubwürdigkeit erfreuen wir uns sehr großen Zulaufs, denn die Kunden wollen, dass ihr Geld zum einen sicher angelegt ist und zum anderen, dass sie es bei Bedarf in jeder Situation wieder bekommen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) bietet allen Banken Geld zum Zinssatz von einem Prozent an, um eine Kreditklemme zu verhindern. Macht ihr Haus davon Gebrauch?
Hagen: Wir brauchen das nicht. Wir haben genug Eigenkapital und Kundeneinlagen, um Kredite zu finanzieren. Schulte: Ja, wir werden punktuell bei der EZB Geld aufnehmen, aber nicht aus Liquiditätsgründen. Der niedrige Zinssatz dient der günstigen Kunden-Kreditfinanzierung. Wir sind lieferfähig und weit weg von einer Kreditklemme.
Heimische Unternehmen investieren erfreulicherweise. Wie schlägt sich dies im Kreditvolumen nieder?
Schulte: Wir verzeichnen für 2011 bei Kreditbewilligungen von über 330 Millionen Euro eine Kreditausweitung von über vier Prozent. Bei einer Summe von ca. einer Milliarde Euro Kreditvolumen sind das rund 40 Millionen Euro Zuwachs. Darin enthalten sind neben Unternehmensinvestitionen und Betriebsmittellinien auch Baufinanzierungen und Privatkredite.
Hagen: Im Kreditgeschäft, und hier insbesondere bei Firmenkunden, profitieren wir ebenfalls von unserer Regionalität und von der Tatsache, dass Kreditentscheidungen hier im Hause getroffen werden. Wir kennen unsere Kunden und wissen, was sie zu leisten im Stande sind. Nachdem wir 2010 bereits ein Kreditwachstum von 5,3 Prozent hatten, werden wir dieses 2011 weit übertreffen.
Ist es für Kunden schwieriger geworden, eine Finanzierung zu erhalten?
Hagen: Die Möglichkeiten, Kredite zu erhalten, sind bei uns weder schwieriger noch leichter geworden. Wir haben einen öffentlichen Auftrag, die Kreditversorgung sicher zu stellen. Das haben wir in der Krise 2008/2009 getan, wohl wissend, dass nach Regen Sonne folgt. Und das tun wir jetzt, genau so gut wissend, dass nach Sonne wieder Regen folgt. Dies gilt in ähnlichem Maße für private Kreditnehmer. Wir hatten seinerzeit in dem einen oder anderen Fall die Tilgung ausgesetzt; mittlerweile laufen die Kredite in aller Regel wieder störungsfrei.
Schulte: Nein. Bei entsprechender Kapitaldienstfähigkeit und unter Berücksichtigung von Sicherheiten erfüllen wir gerne die Kreditbedürfnisse. Die erhöhten Eigenkapitalanforderungen z.B. durch Basel III beziehen sich auf die Banken, nicht auf Kunden. Diese erhöhten Anforderungen, die bis voraussichtlich 2018 umgesetzt werden müssen, erfüllen wir schon heute. Wir sind froh über jeden Kreditnehmer, der eine vernünftige Investition tätigen möchte. Gerne würden wir noch mehr Kredite vergeben; Fakt ist erfreulicherweise aber auch, dass die Liquiditätspolster der heimischen Unternehmen derzeit gut bestückt sind.
Bis zu welcher Größenordnung ist ihre Bank in der Lage, Kredite zu vergeben?
Schulte: Die Höchstsumme hängt vom Eigenkapital der Bank ab. Bei der Volksbank im MK würde sie bei ca. 22 Millionen Euro liegen. Es gilt bei uns aber die interne Beschränkung auf 50 Prozent dieses Betrags für eine Einzelkreditvergabe. Das Risiko wird dadurch diversifiziert.
Hagen: Die Obergrenze für eine Einzelkreditvergabe liegt für uns bei über 25 Millionen Euro.
Was waren die Herausforderungen 2011und was erwarten Sie 2012?
Hagen: Die Bewältigung der enorm großen Nachfrage im Kreditgeschäft hat uns 2011 gefordert. Für 2012 erwarte ich, dass sich die Krisenlage beruhigt, aber auch die Konjunktur. Doch selbst wenn nur das prognostizierte Wachstum von 0,5 Prozent erreicht wird, wäre das gut zu bewältigen, denn die Wirtschaft steht auf einem hohen Niveau.
Wichtig ist, dass sich die Verbraucher nicht von der Schwarzmalerei in den Medien anstecken lassen. Konjunktur findet zu 50 Prozent in den Köpfen statt. Gott sei Dank sehen das unsere Kunden ähnlich und sind weitgehend gespannt und zuversichtlich, was 2012 angeht. Schulte: Vom voraussichtlichen Jahresergebnis her ist 2011 das beste Jahr in der Geschichte unserer Volksbank. Dabei profitieren wir natürlich auch vom guten Konjunkturverlauf. Unsere Kunden haben wir davon überzeugen können, dass wir auch in Krisenzeiten der sichere Hafen sind. Die Kundeneinlagen werden insgesamt um über 5 Prozent steigen.Für 2012 sehe ich die Herausforderung, bei abflachender Konjunktur am Markt aktiv zu bleiben. Die weitere Entwicklung ist nur schwer vorhersehbar. Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Erstmals zahlt mit Griechenland ein Staat der Euro-Zone seine Schulden nicht, zu Lasten privater Investoren. Die Politik versucht zu regeln und trifft damit oft die Falschen. So hat die Volksbank vor und in der Krise alles richtig gemacht, wird aber in einen Topf mit den Global Players geworfen. Ich befürchte, dass der exzessive Regulierungswahn uns näher an den Rand der Handlungsunfähigkeit bringt.
Zum Schluss bitte ein Tipp: Welche Geldanlageform empfehlen Sie?
Schulte: Sehen Sie? Das darf ich gar nicht! Für jeden Kunden muss ein individuelles Beratungsprotokoll erstellt werden. Grundsätzlich gilt dabei: Der Kunde muss sich mit Hilfe des Bankberaters über seinen Status und sein Anlageziel klar werden, z.B. welche Deckungslücke in der Altersversorgung besteht.
Für den Aufbau der privaten Altersversorgung sind z.B. betriebliche Pensionskassen oder Fondsanlagen sinnvoll. Derzeit bringen uns die Kunden hauptsächlich Tagesgeld, weil sie neben dem niedrigen Zinsniveau Zweifel an der Währungsstabilität haben. Inflationsangst ist aber eine fatale Grundhaltung, denn wir haben zwar eine Preissteigerung bei Verbrauchs-, aber keinen nachhaltigen Werteverfall bei den Produktionsgütern.
Vor dem Hintergrund einer robusten Konjunktur in Deutschland und unter Berücksichtigung von derzeit günstigen Kurs-/Gewinnverhältnissen halte ich auch für freie Vermögensteile der Kunden ausgewählte Investments in Aktien oder Aktienfonds an der Börse für sinnvoll und zielführend.
Hagen: Man muss wissen, dass es dauerhaft keine Einbahnstraßen geben wird. Konkret bedeutet das: Gold ist kein Allheilmittel. Ich meine, man sollte nicht mehr Gold besitzen, als man in der Tasche mitnehmen kann. Definitiv sollte die Anlage mit steigendem Lebensalter ein immer höheres Maß an Stabilität haben, das heißt festverzinsliche Anlagen sicherer Schuldner sollten überwiegen.
Aber auch die Anlage in Aktienfonds sollte man in Erwägung ziehen. Hier sitzen viele Anleger einer Fehleinschätzung auf, denn die Aktie ist kein Geldwert, sondern als Anteil an einem Unternehmen ein Sachwert. Grundsätzlich gilt es, sich bei der Geldanlage seriös beraten zu lassen.