Plettenberg.

Landesweit stieg die Zahl der Verkehrsunfalltoten allein in den ersten drei Quartalen 2011 um 13 Prozent. Die Hauptursache dafür ist Raserei. Ein Rückschlag für die Polizei, die seit 2006 kontinuierlich weniger Verkehrstote verzeichnet hatte. Auf Plettenbergs Straßen ließ ein junger Mensch sein Leben. Auf der B 236 an der Ortsgrenze zu Rönkhausen hatte am 13. April ein 19-Jähriger aus Finnentrop die Kontrolle über sein Auto verloren, weil er zu schnell unterwegs war. Den Aufprall gegen eine Felswand überlebte ein 17-jähriger Beifahrer aus Lennestadt nicht.

Obwohl die Zahlen der Unfallstatistik im Zuständigkeitsbereich der Polizeiwache Plettenberg unter dem Landes- und dem Schnitt im Märkischen Kreis bleiben, „leben wir hier nicht auf einer Insel der Glückseligen“, sagt Wachleiter Matthias Baumeister. „Ein Unfalltoter ist schlichtweg einer zu viel.“ Ein Unfalltoter bedeute Leid für 100 Personen -- nicht nur für dessen Angehörige und Freunde, sondern auch jene Menschen, die die Opfer bergen oder Angehörige seelsorgerisch betreuen müssen.


Fußgänger und Radler besonders gefährdet

Der Trend 2011 ist schon jetzt eindeutig, selbst wenn die Polizei die abschließenden Zahlen erst im Februar vorlegen wird: weniger Unfälle, schwerere Folgen. Trotz rückläufiger Unfallzahl wurden mehr Menschen getötet bzw. schwer verletzt. Leidtragende dabei waren 2011 besonders Fußgänger und Radfahrer. Baumeister zieht aus dieser Erkenntnis Konsequenzen und verschärft den Kampf gegen Raser. Klar formuliert sein oberstes Ziel: „Senkung der Geschwindigkeit, um die Sicherheit so hoch wie möglich zu halten.“ Dazu wird landesweit ein Strategiewechsel vollzogen. Anstatt sich bei Geschwindigkeitsüberwachungen auf Unfallschwerpunkte zu konzentrieren, soll künftig mehr denn je auf flächendeckende Radarkontrollen gesetzt werden. Die (inzwischen öffentlich angekündigten) Einsätze der Radarwagen im Märkischen Kreis werden zentral gesteuert von der erst in diesem Jahr gebildeten „Direktion Verkehr“ mit Sitz in Lüdenscheid. Die Polizeiwache Plettenberg kündigt dazu einen verstärkten Einsatz der Laserpistole an. „Und vielleicht wird demnächst sogar der ein oder andere Streifenwagen mit einer Radaranlage ausgestattet sein.“

Für wichtig hält er „eine weiterhin enge und effektive Zusammenarbeit mit der Straßenverkehrsabteilung der Stadt auf kurzem Dienstweg“. Das mobile Geschwindigkeitsmessgerät des Ordnungsamtes soll Fakten dazu liefern, auf welchen Straßen verstärkt Kontrollen notwendig sind. Denn die Statistik belegt: Einen Unfall bei Tempo 50 km/h überleben 8 von 10 Fußgänger, bei einem Unfall mit 65 km/h sterben 8 von 10. „Wenn das Durchschnittstempo nur um 2 km/h langsamer ist, geht die Zahl der Personenschäden um 15 Prozent zurück“, erklärt Baumeister Ergebnisse von Unfallforschern. „Das muss unser Ziel sein.“

Im ausklingenden Jahr hat Baumeister die Entscheidung der Kommunalpolitik, die Maibaumstraße als Wendeschleife für große Lkw zu sperren, sehr begrüßt. Die Sperrung wieder aufzuheben, weil Anwohner der Herscheider Straße über ein gestiegenes Lkw-Aufkommen klagen, hielte er für falsch. „An der Maibaumstraße sind in den vergangenen Jahren so viele Schäden durch Lkw angerichtet worden, da ist der Umweg über den Kreisverkehr Oberstadt die bessere Lösung und zumutbar.“ Zumal seitdem die Zahl der Unfälle am Problempunkt Maibaum-/Herscheider Straße/Lehmweg klar zurückgegangen sei.


Kurvenreiche Straßenkünftig im Fokus

Im Auge behalten will die Polizei 2012 die kurvenreichen, steilen Passstraßen nach Affeln und Selscheid. Beide sind für Lkw über 7,5 Tonnen gesperrt. Doch werde das Verbot zu häufig missachtet. Selbst ortskundige Lkw-Fahrer nutzten diese Straßen als vermeintliche Abkürzungen und nähmen ggf. das Ordnungsgeld billigend in Kauf, so Baumeisters Eindruck.

Jetzt werden gnadenlos Knöllchen verteilt“, will der Chef der Polizeiwache endlich das Problem uneinsichtiger Eltern in den Griff bekommen, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen bzw. abholen, dabei Halteverbote oder Beschilderungen zur Sicherheit von Fußgängern ignorieren. „Manche würden ihre Kinder am liebsten bis ins Klassenzimmer chauffieren“, weiß Baumeister, was seine Kollegen beim täglichen Streifengang an Plettenbergs Schulen beobachten. „Ein Jahr lang haben wir es im Guten versucht, haben die Betroffenen mit freundlicher Ansprache zur Einsicht bringen wollen, aber dafür meistens nur pampige Antworten bekommen. Jetzt werden andere Saiten aufgezogen“, kündigt Baumeister einen Kurswechsel an.