Dorsten. .

Weihnachten im Kreise der Familie. Auch für viele junge Menschen ein Stückchen festlicher Normalität. Nicht so für die 22jährige Dorstenerin Lisa Diericks, die seit 2007 zum ersten Mal wieder zumindest den Heiligabend im heimischen Domizil in der Feldmark verbringt.

Ob sie so etwas wie eine Weltenbummlerin ist? Lisa Diericks lacht: „Ja, schon.“ Denn seit der 11. Klasse auf dem St. Ursula Gymnasium war ihr bewusst, dass ihr das überschaubare Dorsten doch ein wenig zu klein geraten ist: „Zu der Zeit war es, als ich wirklich weg wollte.“

Und die sympathische junge Dame begann sich für die große weite Welt zu interessieren, die sie vorher schon durch etliche Urlaubsreisen mit der Familie - zumindest ansatzweise - kennengelernt hatte.

Nach dem Abitur ist es dann endlich so weit. Über das American Institute for Foreign Study (AIFS) bekam Lisa Diericks eine Stelle als Au-Pair-Kraft in den USA vermittelt. 2008 schließlich ihr erstes Weihnachtsfest fernab von zu Hause, im 4000-Einwohner-Städtchen Milford im Staat New Yersey, eine Autostunde von New York entfernt. In der Familie von Gastvater Joel Lewis mit den Kindern Dani, Alex und Zach, die vor Jahren schon ihre Ehefrau und Mutter verloren hatten, die verstorben ist.

Lisa Diericks: „Weihnachten in Milford - das war etwas anders als hier.“ Und erzählt, dass die Familie an Heiligabend zum Essen bei einer Tante eingeladen war. Am ersten Feiertag dann die Bescherung in der Familie - und abends wurde zusammen gekocht. Lisa: „Und das war’s dann eigentlich.“ Am zweiten Feiertag waren nämlich keinerlei weiteren festlichen Aktivitäten zu verzeichnen.

Dann hatte der Alltag sie wieder und Lisa Diericks besuchte weiter neben der Arbeit im Haushalt sechs Stunden in der Woche das dortige Raritan Valley Community College, hatte dabei die Kurse nach ihren Vorlieben gewählt wie Spanisch, digitale Fotografie und Physical Fitness.

Im Jahre 2009 ein erster Anlauf, ein Studium zu absolvieren. Die Studienrichtung war allerdings nicht so ihr Fall. Lisa Diericks: „Das habe ich geschmissen.“ Und jobbte anschließend ein Jahr in einem Dorstener Bekleidungsfachgeschäft. Weihnachten 2009 zu Hause? Ging nicht. Joel, Dani, Alex und Zach freuten sich im Milford über den Besuch ihrer Weltenbummlerin.

Dann im Jahre 2010 ein neuer Anlauf, ein Studium zu absolvieren. Diesmal der Fachrichtung International Communication Management im niederländischen Den Haag. Unterrichtssprache Englisch, mit Fächern wie Marketing, Public Relations und interne Kommunikation.

Weihnachten 2010 zu Hause? Weit gefehlt - wie eigentlich zu erwarten war, wenn man Lisa kennt. Durch das heimische Schneechaos ging’s an Heiligabend zum Düsseldorfer Flughafen. Der Flug via New York fiel aus, zurück nach Dorsten ebenfalls Fehlanzeige. Also einen Tag später nach Übernachtung auf dem Flughafen über den großen Teich.

Hotelzimmer in New York am 25. Dezember? Wieder Fehlanzeige. Lisa Diericks lacht: „Aber Karten für die Westside Story am Broadway hatte ich zusammen mit einer Freundin, da bin ich dann im zweiten Akt eingeschlafen.“

Und am nächsten Tag zur ehemaligen Gastfamilie nach Milford. Nach dem Besuch wieder zurück nach New York, mitten durch einen Blizzard. Erneutes Chaos am John-F-Kennedy Flughafen, Rückkehr nach Deutschland so auch erst am Tag vor Silvester. Es gibt sicherlich etliche Alternativen, die Weihnachtsfeiertage ruhiger zu verbringen.

Dazu hat Lisa Diericks in diesem Jahr zumindest an Heiligabend die Möglichkeit. Im Kreise ihrer Familie - und sie freut sich auch schon sehr darauf.

Denn schon am ersten Feiertag geht es wieder per Flieger in die USA. Weil sie ab Anfang Januar 2012 ein Auslandssemester an der University of Ottawa in Kanada absolvieren wird - und vorher werden natürlich die Lewis’ besucht. Lisa: „Ein Auslandssemester stand für mich von vornherein fest - und Kanada war meine erste Wahl.“

Wieder fremde Länder, fremde Leute? Lisa Diericks schmunzelt: „Dorsten ist mir einfach zu klein, ich brauche eine Großstadt, brauche Tapetenwechsel. Meine Füße kann ich einfach nicht ruhig halten. Selbst nach erst eineinhalb Jahren in Den Haag brauche ich etwas Neues, neue Gesichter.“

Kennt sie überhaupt Heimweh? Lisa schüttelt den Kopf: „Heimweh hatte ich nie. Und irgendwie habe ich überall ein paar Sachen von mir verteilt.“

Und dass es ihr mit der großen weiten Welt mehr als Ernst ist, verrät sie zum Abschluss: „Ich habe mich für die Green Card in die USA beworben.“

Und zurück bleibt für eine weltoffene 22-Jährige ein einfach zu kleines Dorsten.