Dorsten. .
Alte Hasen müssen sich nicht erklären, dass sie lange Ohren haben. Was der Volksmund so spricht, lässt sich bedenkenlos auf die Senioren am Steuer übertragen: Ein Leben hinter dem Steuer erzeugt eine Menge Erfahrung, aber das Alter fordert auch seinen Preis bei Konzentration und Reaktion. Dazu gehört auch das Wissen um veränderte Verkehrsregeln.
Ein Spannungsfeld, das in Zukunft mit Blick auf die demografische Entwicklung an Bedeutung gewinnen wird. Niemand weiß das besser, als die beiden Polizeikommissare Susanne Klodt und Ralf Beckmann. Die beiden Beamten sind erfahrene Verkehrspolizisten und gehören zu jenen erfrischenden Freunden und Helfern, die nicht gleich mit der erhobenen Kelle daher kommen, sondern mit einer gehörigen Portion Mutterwitz den Dialog mit den Senioren suchen.
„Wir wissen doch, dass da Leute sitzen, die eine Million Kilometer und mehr abgespult haben. Die wissen grundsätzlich wie es geht und ihre Besonnenheit und Erfahrung ist ein Pluspunkt, den man loben muss“, sagt Bleckmann. Wo Licht ist, da ist auch Schatten und die Diskussion bei der Vorstellung neuer Regeln zeigt, dass alte Zöpfe auch von alten Hasen geliebt werden. „Ein Reizthema ist das Reißverschluss-Verfahren. Es ist jetzt vorgeschrieben, aber viele ältere Fahrer fühlen sich persönlich beleidigt, wenn sie in der Warteschlange stehen und dann einer an ihnen vorbei zieht und sich aus ihrer Sicht vordrängeln will. Da ist dann schon mal ein Hupkonzert fällig“, weiß Hauptkommissar Ralf Bleckmann aus Erfahrung. Auch der Kreisverkehr und die Pflicht, vor der Ausfahrt zu blinken, scheint ein Problem zu sein.
„Bei so einem kleinen Kreisverkehr blinke ich doch nicht, wenn ich gleich wieder raus muss“, sagte einer der rund 30 Teilnehmer des ungewöhnlichen Seminars, das mit einem Walt-Disney-Streifen aus den 1950er Jahren seinen Anfang nimmt. „Der Goofy, der in diesem Film am Steuer den Charakter verändert, der schlummert doch in jedem von uns“, sagt Bleckmann und es ist wohl die ehrliche Art des Gesetzeshüters, die die Zuhörer dazu bringt, offen über eigene Unsitten eines langen Fahrerlebens zu sprechen.
Da ist zum Beispiel der nicht mehr ganz so junge Herr, der drei Jahrzehnte im Fernverkehr unterwegs war und es nicht glauben will, dass er gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt, wenn er mit der Lichthupe den „Blockadefahrer“ von der Überholspur verjagen will. Nett ist auch die Diskussion um den grünen Pfeil. Klar, dass erwähnt wird, dass der Westen ihn aus der StVO der ehemaligen DDR übernommen hat. Und die haben ihn allerdings aus der Vorkriegszeit einfach an den Lichtzeichen gelassen.
Hand aufs Herz: Hätten sie gewusst, dass sie anhalten müssen, Umschau halten müssen und dann doch nicht losfahren müssen? Und das der beleuchtete Pfeil einer Ampel ein Lichtzeichen ist und sie ohne Haltepflicht fahren dürfen? Diese Fragen zeigen eines sehr deutlich: Die Senioren und die Junioren machen gleichsam Fehler, aber diese Fehler unterscheiden sich. Senioren bauen mehr kleine Unfälle – die Katastrophen gehen mehrheitlich auf das Konto der jungen Fahrer. Fazit des rund 90-mimnütigen Vortrages: Die Senioren am Steuer sind besser als ihr Ruf und die positive Resonanz auf den Vortrag von Susanne Klodt und Ralf Beckmann zeigt, dass die alten Hasen für das Thema sensibilisiert sind.