Schwerte. . Das Marienkrankenhaus spürt den Puls der Zeit: In jüngster Zeit haben fünf Ärzte gekündigt, „weil sie aus nachvollziehbaren beruflichen oder privaten Gründen andere Wege gehen wollten“, sagt Geschäftsführer Jürgen Beyer.
Jeder Weggang schmerzt, aber diese Abschiede ganz besonders. „Wir finden keinen Ersatz. Der Arbeitsmarkt ist wie leer gefegt“.
Ein ähnliche Diagnose stellt auch Bernd Löser, Chef der Evangelischen Krankenhaus-Gesellschaft (EKS). Momentan sucht auch er händeringend nach einem Mediziner, „aber fündig bin ich bis jetzt noch nicht geworden“.
Die Schwerter Krankenhäuser sind keine Einzelfälle, wie Volker Heiliger, Sprecher der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Landauf, landab mangele es an ausgebildeten Ärzten. Wenn Mediziner die Häuser verlassen, sagt der Sprecher, dann sei der Suche nach einem Nachfolger wenig Erfolg beschieden. Untersucht die Ärztekammer die Notlage auf dem Stellenmarkt, dann stößt sie auf mehrere Auslöser. Da ist zum einen das Arbeitszeitgesetz, das bereits 2002 in Kraft trat, aber in seinen Auswirkungen bis heute nachwirkt. Seither zählen Bereitschaftsdienste zur Dienstzeit eines Arztes. „Die Krankenhäuser brauchen mehr Köpfe, um ihren Aufgaben gerecht zu werden“, sagt Heiliger. Jürgen Beyer nennt die konkreten Zahlen für das Hospital an der Goethestraße: Gab es 2002 noch 45 Vollzeitstellen, sind es inzwischen 72. „Da wir gerade bei den Ärztinnen viele Teilzeitbeschäftigte haben, ist die Anzahl der angestellten Mediziner deutlich höher und liegt bei 85“.
Im gleichen Zeitraum seien aber, erklärt Heiliger, die Studienplätze nicht mehr geworden. Hinzu komme die Zulassungsbeschränkung, hinter die die Kammer deutliche Fragzeichen setze. Wer Medizin studieren will, von dem verlangen die meisten Universitäten einen Abi-Durchschnitt von 1,0 oder sogar noch besser. Schlechter als 1,2 dürfe ein Abiturient nicht sein, wenn er beabsichtige Medizin zu studieren. „Ob aber allein die schulische Leistung das Maß aller Dinge ist, bedarf doch mindestens einer kritischen Würdigung“, sagt Heiliger. Beispielsweise soll nach Lesart der Kammer auch das soziale Engagement einer Bewerberin, eines Bewerbers eine Rolle spielen,
Sind Ärzte einmal bei einem Krankenhaus in Lohn und Brot, „bekommen wir es aber auch mit zwei weiteren Konkurrenten zu tun“, beschreibt Jürgen Beyer seine Beobachtungen. Das Ausland und die Pharma-Industrie locken vor allem mit höheren Löhnen und „familienfreundlicheren Arbeitszeiten“. Das Einkommen in einigen europäischen Nachbarländern sei deutlich höher und die Dienstzeiten so geregelt, dass „sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen“, bestätigt Volker Heiliger.