Hagen/Neuenrade. .
Einsicht in Akten der Stasi und des BND forderte Rechtsanwalt Thomas Gros im so genannten Auftragsmord-Prozesses vor dem Hagener Landgericht. Er will sich mit Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des wichtigsten Zeugen beschäftigen.
Das ist der Neuenrader Michael P. Er ist der Mann, den die Angeklagten mit der Tötung von Umberto S. beauftragt haben sollen. Im fällt die Rolle des Kronzeugen zu. Der Verteidiger des Angeklagten Pasquale B. will Michael P. komplett durchleuchten.
Als der Neuenrader am 6. Oktober 2006 auf sein Opfer Umberto S. (55) schoss, trafen drei Kugeln den Rumpf, eine den Oberschenkel und eine streifte den Arm.
Die Geschosse, die den Rumpf trafen, so die gestrige Überzeugung der Rechtsmediziner, wären jedes für sich tödlich gewesen. „Das Herz war ganz zerfetzt, die Hauptschlagader auch“, betont einer der Rechtsmediziner.
Michael P. ist aus der DDR geflohen
Der Mann, der Umberto S. förmlich hinrichtete, stand im vergangenen Jahr vor dem Hagener Schwurgericht und wurde für schuldig befunden. Als Michael P., DDR-Flüchtling und umfangreich vorbestraft, schließlich auspackte, räumte er nicht nur etliche Banküberfälle in Lüdenscheid und andernorts ein, die an sich gar nicht zur Debatte standen. Er benannte auch die beiden Angeklagten und zwei weitere Männer als seine Auftraggeber für den Mord an Umberto S. Umfangreiche Ermittlungen setzten ein, die in den spektakulären Festnahmen der Angeklagten mündeten.
Rechtsanwalt Thomas Gros vertritt den Angeklagten Pasquale B. Er beantragte am gestrigen Verhandlungstag, Akten der Stasi und des BND, die sich mit Michael P. befassen, anzufordern und den Verteidigern Einsicht zu ermöglichen. Gleiches fordert er, wenn es um die strafrechtliche Vergangenheit des Neuenraders und Ermittlungsergebnisse der Polizei geht.
„Seit der Kindheit psychisch auffällig“
Um den Anwälten der Angeklagten ausreichend Zeit zu verschaffen, die Inhalte besagter Akten einzusehen, sei eine Aussetzung des Verfahrens nötig. Ziel des Antrags ist es, Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ps. hervorzurufen. So verweist Gros in der Vita des Zeugen unter anderem auf eine rechtskräftige Verurteilung wegen falscher Verdächtigung. Er habe einen Hang zum Aufbauschen des eigenen Lebensweges und neige im Rahmen einer nazistischen Persönlichkeitsstörung dazu, sich mit seinen Taten zu brüsten. Bereits bei der Flucht habe er sich eine Legende zugelegt. Und, seit seiner Kindheit sei P. psychisch auffällig.
Offen, wie und wann die Kammer auf den Antrag reagieren wird. Das Verfahren wird heute fortgesetzt.