Isselburg. . Nur ein Crewmitglied überlebte vor 70 Jahren die Notlandung eines englischen Bombers in Heelden an der Autobahntrasse.
Sergeant Fred Jenkinson bestieg mit seinen Kameraden der Royal Air Force das Flugzeug. In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1941 hob der Bomber des Typs Vickers Wellington IC vom Flughafen Mildenhall im Osten Englands ab. Ziel des Einsatzes sollte Berlin sein.
Der Flug des britischen Bombers endete schließlich in Heelden. Vermutlich war das Flugzeug im Ruhrgebiet unter Flakbeschuss geraten. Der Pilot versuchte auf der damals im Bau befindlichen Trasse der Autobahn eine Notlandung. Von der sechsköpfigen Besatzung überlebte nur Fred Jenkinson.
Fritz Stege (kleines Bild) kann sich noch genau an die Ereignisse vor 70 Jahren mitten im Zweiten Weltkrieg erinnern. Der damals 14-Jährige begab sich einige Stunden nach dem Absturz an die Unglücksstelle in der Nähe der Bellenhorster Straße, wo er auch ein Foto vom Flugzeugwrack machte. „Ich hatte eine Box-Kamera, die hat damals fünf Reichsmark gekostet“, erinnert sich Stege. Der Isselburger Hobbyhistoriker war lange im Glauben, die einzige Aufnahme der verunglückten Maschine gemacht zu haben. „Nach dem Krieg habe ich dann Heinrich Caninenberg getroffen, der auch ein Foto vom Flugzeug besaß“, so Stege.
Distanziert
zu Deutschen
Der pensionierte Isselburger Diplom-Ingenieur hatte die Geschichte aus seiner Jugend für geraume Zeit aus den Augen verloren. Bei der Arbeit mit Maria und Ernst Hellmuth an deren Heeldener Chronik kamen die Erinnerungen wieder hoch. Durch eine Art Netzwerk von Hobbyhistorikern, Fliegern und Veteranen spürte Stege schließlich vor rund zwölf Jahren das einzige überlebende Crewmitglied auf. „Der Mann war sehr distanziert, aber sehr hilfreich zugleich. Ich spürte aber auch den Widerstand von ihm, sich über diese Ereignisse mit einem Deutschen auszutauschen“, meinte Stege zum Briefwechsel mit Fred Jenkinson.
Vor allem die Ungewissheit über den Verbleib seiner Kameraden trieb den englischen Soldaten um. Stege hatte die Gräber auf dem Soldatenfriedhof im Reichswald ausfindig gemacht und schickte Fotos nach England. Dass Jenkinson den Crash als einziger überlebte, lag an seiner Aufgabe an Bord. Er war als Bordschütze im Heck eingeteilt. Beim Aufprall auf dem Boden ist er vermutlich aus der Kabine herausgeschleudert worden. Schließlich schleppte er sich zum Bauernhof der Familie Elting. Noch weit nach Ende des Krieges erinnerte sich der Sergeant, der sich freiwillig zum Militärdienst gemeldet hatte, an die freundliche Atmosphäre bei den Bauersleuten. Die nächsten vier Jahre waren dann alles andere als ein Zuckerschlecken für Jenkinson. Als Kriegsgefangener verbrachte er die meiste Zeit im Lager Lamsdorf in Schlesien. Als die Rote Armee anrückte, sollten die Häftlinge per pedes in ein anderes Stalag verlegt werden. Jenkinson nutzte die Gelegenheit zur Flucht.
In dem Briefwechsel, den Stege mit Jenkinson führte, merkte er stets die latenten Ressentiments gegen Deutschland. Aber auch, dass die Erinnerung des Engländers an den fatalen Absturz nur noch rudimentär vorhanden waren. So hatte Jenkinson arge Zweifel an der Echtheit des Fotos, das Stege als Jugendlicher gemacht hatte. „Man merkte, ihn verfolgt ein Trauma, das er bis an sein Lebensende nicht mehr losgeworden ist“, so Stege. Fred Jenkinson verstarb im Juli 2001 im Alter von 86 Jahren.