Werdohl. .

Viele Erzieherinnen in den Werdohler Kindergärten sind verunsichert. Dürfen sie noch Liederzettel an Eltern austeilen, wenn gemeinsam mit den Kindern gesungen wird? Die Frage stellt sich, seit die GEMA, die Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, im Auftrag der VG-Musikedition genau dafür Gebühren eintreibt.

Erst in diesem September beschloss der Förderverein der Kindertagesstätte St. Michael die Übernahme der von der GEMA geforderten 56 Euro für bis zu 500 Kopien pro Jahr (die WR berichtete). In vielen anderen Einrichtungen versucht man hingegen, solche Kosten zu vermeiden, indem man auf das Kopieren von Texten und Noten verzichtet. „Wir teilen keine Texte aus, weil wir verunsichert sind“, sagt die Leiterin der Kita Budenzauber, Karina Wionsek. Es sei „schade, dass man so gehemmt ist.“ Dasselbe Bild im Awo-Familienzentrum „Sonnenschein“.

Auch Silke Rottmann vom städtischen Kindergarten Funkenburg sagt: „Wir umgehen sowas und teilen Liederzettel erst gar nicht aus.“ Andernfalls müsste hier zunächst die Stadt als Träger für die Gebühren aufkommen. Doch dort will man von GEMA-Gebühren nichts wissen. „Die Frage tritt von Zeit zu Zeit immer mal wieder auf, aber momentan zahlen wir nichts“, sagt Hilmar Heimann vom Jugendamt.

Bayerische Lösung
gilt als beispielhaft

Prinzipiell ist es gesetzlich verboten, Notenzettel zu kopieren. Dennoch haben Kirchen, Kindergärten oder Schulen natürlich ein berechtigtes Interesse daran, um gemeinsam mit Kindern oder Gläubigen singen zu können. Hier kommt die VG-Musikedition ins Spiel, die die Verwertungsrechte verwaltet.

Mit den beiden großen Kirchen in Deutschland bestehen Rahmenverträge, die das Kopieren von Liederzetteln pauschal abdecken. Allerdings gelten die Verträge nur für religiöse Lieder.

Für andere Werke hat Dieter Kessel vom evangelischen Familienzentrum Arche Noah einen – nicht ganz ernst gemeinten – Tipp: „Da müssen Sie immer ein Amen dahinter setzen.“ Schwieriger wird es in kommunalen oder privaten Einrichtungen, die teilweise über Einzellizenzen verfügen. Um diese zu verwalten, habe die vergleichsweise kleine VG-Musikedition die GEMA Anfang 2010 um „administrative Hilfe“ gebeten, erklärt GEMA-Sprecherin Gaby Schilcher.

Im Sommer des vergangenen Jahres sei daraufhin ein durch Unwissen und Missverständnisse entstandener „Aufschrei durchs Land“ gegangen, die GEMA wolle Kindern das Singen verbieten.

Schilcher räumt ein, dass es sich um ein „emotionales Thema“ handele, beruft sich aber auf die eindeutige Gesetzeslage. Schuld an der weit verbreiteten Unsicherheit seien vielmehr die Träger von Schulen oder Kindergärten, die große Rahmenverträge oft abgelehnt hätten.

Als positives Gegenbeispiel führt sie das Land Bayern an. Dort wurde im April einen landesweiter Vertrag unterzeichnet. Demnach übernehmen die kommunalen Spitzenverbände in Bayern zukünftig eine Pauschale von 290 000 Euro, die alle Einrichtungen unabhängig von der Trägerschaft abdeckt. Seitdem wird auch in anderen Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, über ähnliche Abkommen verhandelt. GEMA-Sprecherin Gaby Schilcher: „Grundsätzlich geht der Weg nun überall dahin.“ Dann können nicht nur die Erzieherinnen in Werdohl zukünftig wieder Liedzettel verteilen, ohne sich Gedanken über rechtliche Folgen machen zu müssen.