Unna. .
Sie sorgen dort für Frieden, wo andere längst die Hoffnung auf Einigkeit aufgegeben haben. Sie bringen Menschen zusammen, die seit Jahren aufs Ärgste verfeindet sind. Sie finden Einigungen, wo nicht der Hauch von Kompromissbereitschaft vorherrscht. Denn sie sind Schiedsmänner und -frauen, die offiziellen Friedensstifter des Amtsgerichts Unna. Ihre Mission: schlichten. Friedrich Vogt, der Dienstälteste unter ihnen, wurde gestern für seine langjährige Tätigkeit geehrt.
Seit 10 Jahren im Amt
Etwa 70 bis 80 Fälle hat Friedrich Vogt innerhalb der vergangenen zehn Jahre bearbeitet. Ehrenamtlich. „Das meiste davon war eindeutig Nachbarschaftsrecht“, sagt er rückblickend. „Das ist generell die Hauptaufgabe von uns Schiedspersonen: Streit zwischen Nachbarn schlichten.“ Mal ist der Baum des Nachbarn zu hoch, mal ist die Hecke zu nah am anderen Grundstück – und schon geht die Streiterei los.
„Man wundert sich schon, über welche Belanglosigkeiten sich die Menschen heutzutage streiten“, sagt Friedrich Vogt. Dennoch ist es ihm wichtig, jeden einzelnen Konflikt ernst zu nehmen, und sei er noch so banal. „Denn meistens sind Baum, Hecke oder Grill nur die Spitze des Eisbergs. Wenn man sich dann lange genug mit den streitenden Parteien unterhält, wird in vielen Fällen deutlich, dass die eigentlichen Probleme viel tiefer und länger zurück liegen“, so Friedrich Vogt weiter. Diese Probleme gilt es zu erkennen – und eine Lösung dafür zu finden.
In bestimmten nachbarschaftsrechtlichen Fällen ist es sogar zwingend notwendig, zuerst eine Schiedsperson einzuschalten, bevor man vor Gericht ziehen darf. Erst wenn der Schlichter eine so genannte Erfolgslosigkeitsbescheinigung ausstellt, ist es den Parteien erlaubt, vor Gericht weiter zu streiten.
Doch so weit kommt es in der Regel nicht. „In mindestens 50 bis 60 Prozent der Fälle erzielen wir einen Vergleich zwischen den Streitenden“, sagt Friedrich Vogt. Oftmals bräuchten die Parteien einfach nur mal eine dritte, objektive Person, die die Konfliktsituation genauer betrachte.
Von den Übrigen, bei denen keine Einigung gefunden werden kann, zöge aber, so schätzt Friedrich Vogt, auch lediglich die Hälfte vor Gericht. „Spätestens, wenn sie erkennen, welche Kosten da auf sie zukommen, schrecken die meisten Leute zurück.“
In der Tat sind die Friedensstifter im Vergleich zum Gerichtsverfahren die deutlich günstigeren Konfliktlöser. Etwa 30 bis 50 Euro kostet es, wenn sich eine der sechs Unnaer Schiedspersonen des Streitfalls annimmt, während ein Verfahren vor Gericht, je nach Gutachter- und Anwaltskosten, locker mit mehreren tausend Euro zu Buche schlägt.
Seit zehn Jahren ist Friedrich Vogt jetzt Schiedsmann, sein Zuständigkeitsbereich ist der Süden Unnas. Gestern überreichte ihm Amtsgerichtspräsidentin Annette Rodehüser eine Urkunde für seine langjährigen Verdienste.
Allerdings klappt es mit dem Schlichten nicht immer so gut. Als sich seine Kinder neulich darüber stritten, wer länger am PC sitzen dürfe, schritt Friedrich Vogt beherzt ein. „So, das regelt jetzt Papa, der Schiedsmann“, sagte er und schlug den Sprösslingen eine Lösung vor. Ob der Streit damit beendet war? – Natürlich nicht. Da ist selbst ein erfahrener Friedensstifter machtlos.