Rünthe. .

Das grenzenlose Glück war ihm anzusehen. „Das kommt in einem Rahmen auf die Kommode“, sagte Udo Steinhauer (44) mit strahlenden Augen. An sein Herz drückte er ein Autogramm von Andrea Berg. Die Schlagerkönigin hatte gerade eine Widmung für ihren Fan Udo („Ich habe alle CDs von Andrea“) darauf geschrieben.

Die deutsche Nummer 1, die in Deutschland erfolgreicher ist als es die Beatles je waren, hielt gestern Hof in der Provinz. Rünthe hieß es gestern statt „Verstehen Sie Spaß“. Die ausverkaufte Westfalenhalle wurde mit dem Berlet-Parkplatz getauscht. Und Andrea Bergs Besuch in der 50.000 Seelen-Stadt Bergkamen lässt ahnen, wie der Erfolg des deutschen Superstars aufgebaut ist. Es liegt nicht nur an ihren Ohrwürmern, es liegt nicht an nur an der Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen.

Andreas Berg gibt ihren Fans den Eindruck, dass jeder einzelne für sie wichtig ist. Geduldig nahm sie sich Zeit, schrieb pausenlos Autogramme, jedes mit persönlicher Widmung - egal ob für Kinder oder für Rentner am Gehstock. „Süß“ seien die Wünsche mancher Fans, erzählte die Berg, während sie schrieb und schrieb. „Zum Geburtstag möchten sie Glückwünsche, Grüße für Oma oder Opa, oder für ihren Prinzen.“

Professionell ließ sie sich mit jedem Fan fotografieren, setzte ein strahlendes Lächeln auf, rückte die Autogrammjäger auch schon mal in die richtige Foto-Pose und ermunterte die kleine Anna-Lena (8), in die Kamera zu lächeln:„Sag mal Spaghetti“. Ein Mitarbeiter des zehnköpfigen Teams, das die Schlagersängerin mit ihrem Tour-Bus begleitet, passte unauffällig auf, dass eine höfliche Distanz gewahrt blieb. Die Arme der älteren Herren, die sich begeistert um die Taille der Sängerin schlingen wollten, wurden sanft und höflich weggedrückt.

Sonst gab es keine Auffälligkeiten. Kein Gedränge. Keine Hysterie. „Wir sind ja schließlich nicht Tokio Hotel“, grinste Andreas Deters vom Eventmangement der Künstlerin.

So krabbelte die Menschenschlange Stück für Stück gesittet nach vorne, geleitet durch Absperrbarrieren wie an einem Flughafen.

„Sie hat mir eine Gratulation zu meiner Goldhochzeit auf das Autogramm geschrieben“, seufzte Klaus-Jürgen Thomeh (71) glücklich. Und Michaela Thomascheswki (42) aus Kamen schwenkte begeistert die druckfrische Berg-CD, die ihr Liebling gerade signiert hatte. „Ich bin ein Riesenfan“, sagte sie.

„Die Fans kaufen ihre CDs. Und die Fans gehen in ihre Konzerte. Da will Andrea ihnen etwas zurückgeben“, erläuterte Eventmanager Johannes Möllering die Autogrammtour quer durchs Land. Damit war auch ungestellte Frage beantwortet, warum sich eine so erfolgreiche Künstlerin solche Strapazen überhaupt antut. Der Freitag etwa begann um 4.30 Uhr morgens. Bei RTL in Köln. Es folgten Dortmund und Castrop-Rauxel, wo jeweils rund 500 Mann ihren Schlagerstar erwarten. Dann Bergkamen. Mit etwa 300 Fans.

Genervt? Wenn ja, dann merkte es keiner. Andrea Berg sah ausgeruht aus, als hätte sie einen völlig relaxten Tag hinter sich. Braun gebrannt, Sonnenbrille im knallroten Haar, enge Hosen in schwarzen Overknee-Stiefeln, gefühlte 20 Ketten am Hals. „Ich sehe doch viel schlanker aus als im Fernsehen“, scherzte die Künstlerin (Kleidergröße 36). Aber vor allem größer. Die erwartete „Kleine“ überragte so manchen ihrer männlichen Fans.