Bergkamen/Hamm. .

„Gib mir ’n Manta und einen Kaffee!“ Diesen Satz wird Ursula Münchmeier ab Freitag nicht mehr hören. Denn mit dem offiziellen Ende der Aufräumarbeiten auf dem Bergwerk Ost wird auch die letzte Bergbau-Kantine im östlichen Revier ihre Pforten schließen.

„Freitag ist um 15 Uhr Schluss“, erklärt die 63-jährige, die zu den ganz wenigen auf dem Bergwerk Ost gehört, die nicht verlegt wird oder in die Anpassung geht. Sie ist nämlich keine Angestellte der RAG, sondern Mitarbeiterin einer privaten Catering-Firma, die in ihrer Blütezeit in den 90er Jahren auch die Kantinen auf Monopol und Haus Aden in Bergkamen betrieben hat.

25 Jahre lang hat Ursula Münchmeier die Kumpel mit Würstchen, Frikadellen, belegten Brötchen und anderem mehr versorgt, zunächst am Schacht Franz in Hamm und ab 1995 auf dem Bergwerk Ost. Den „Mantateller“, also die Currywurst mit Pommes und Mayonnaise, wird sie auch am letzten Tag servieren. Schnitzel und Rollmöpse befinden sich zwar noch theoretisch auf der gut sichtbaren Angebotspalette, doch die fehlenden Preisangaben sagen deutlich ihren Kunden in Schwarz oder Weiß, dass es diese Gerichte schon lange nicht mehr gibt.

Schnupftabak längst nicht mehr im Angebot

„In der guten alten Zeit haben wird täglich von morgens 5 Uhr bis um 24 Uhr in der Nacht rund 1400 Brötchen verkauft. heute sind es vielleicht 120“, erzählt Ursula Münchmeier. In der Frühschicht kümmerten sich bis zu vier Mitarbeiterinnen um die Kantinenkunden. Heute hält sie während einer Schicht allein die Stellung und hat sogar Zeit, wenn Gebäckteilchen und Kaltgetränke über die Theke gehen, von den guten alten Zeiten zu berichten.

Unmengen an Schnupftabak habe sie verkauft, jetzt sind die kleinen Döschen mit der Nikotinprise für unter Tage noch nicht einmal mehr im Angebot. „Ich werde auch nach Duschschwämmen gefragt, die wir ebenfalls nicht mehr haben.“ Einsam stehen in einem Regal zwei Plastikflaschen Shampoo und Duschgel. Die Nachfrage nach diesen Reinigungsutensilien ist bei den Kumpeln praktisch auf Null gesunken.

Die Kantine des Bergwerks Ost liegt etwas versteckt neben der Mannschaftskaue. Ortsfremde Besucher werden sie kaum zur Kenntnis genommen haben, die Prominenten schon gar nicht. Sie wurden nach einer eigens für sie organisierten Grubenfahrt von der Werkdirektion auch nicht mit der rustikalen Kost von Ursula Münchmeier und ihrer Kolleginnen versorgt. „Die haben etwas Feineres bekommen“, berichtet sie lächelnd. Allenfalls Schulklassen oder andere Gruppen erhielten zur Stärkung Brötchen aus der Kantine.

An einen fernsehbekannten Gast kann sie sich aber noch ganz genau erinnern. „Jumbo XXL Schreiner“ aus der Pro 7-Sendung „Galileo“ interessierte sich für die kulinarische Kumpelkost. Natürlich haben ihn die Kantinenfrauen mit einer Riesenportion versorgt, als er mit einem Kamerateam seine Aufwartung machte. Satt hätten sie ihn bekommen und geschmeckt habe es ihm auch, wie er später erklärte, als sein Testbericht ausgestrahlt wurde. „Dieser Besuch war eine ganz große Sache für unsere Auszubildenden. Er hat sich mit ihnen sogar fotografieren lassen“, erklärt Ursula Münchmeier.

Nach ihrem letzten Arbeitstag wird Ursula Münchmeier zur Arbeitsagentur gehen und sich arbeitslos melden. Dabei macht sie sich keinerlei Illusionen. „Mit 63 nimmt mich keiner meht.“ Die zwei Jahre, bis sie ihre Rente ohne einen Abzug bekommt, werde sich schon durchhalten, versichert sie lächelnd.