Essen. . Die Masche ist schnell und einfach: Hohe Geldbeträge landen auf dem eigenen Konto und müssen lediglich erneut überwiesen werden. Ein einfacher Nebenjob, aber kriminell. „Phishing“ hat Konjunktur und ist der Polizei ein Dorn im Auge.

„Nebenjob gesucht?“ – die Kriminellen werben in Anzeigen mit dem schnellen Geld nebenher. Alles, was man benötigt, ist ein Konto. Die Summen, die dort eintreffen, mal 3000, mal 5000 Euro – diese Summen muss man per Barüberweisung mit einem Stichwort versehen weiterleiten, sodass sie dann irgendwo in der Welt anonym in Empfang genommen werden können. Dem Nebenjobber winken Provisionen von fünf bis 20%. So schnell, so einfach wird Geld verdient...

Und genau deshalb sollte man stutzig werden. Denn bei diesen Nebenjobs geht es um eine sogenannte „Finanzagenten“-Tätigkeit. Diese Agenten leiten das Geld weiter, dass Kriminelle bei „Phishing“-Attacken abgreifen – bei jenen Attacken also, bei denen sie sich Daten von Konten Dritter angeeignet haben und dort wiederrechtlich Abbuchungen vornehmen. Die Polizei warnt deshalb eindringlich davor, auf solche Nebenjob-Angebote einzugehen.

Eine Bande hatte 470 Agenten

„Phishing“ hat Konjunktur; deshalb steigt die Zahl der Fälle kräftig, in denen es die Ermittlungsbehörden in Nordrhein-Westfalen mit Finanzagenten zu tun haben. 550 Fälle waren es im vergangenen Jahr, nach 480 im Vorjahr. „Die Phishing-Täter brauchen Fußvolk mit Girokonten“, sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt (LKA).

Im Falle der „Katusha“-Bande etwa hatten es die Fahnder aus NRW und Baden-Württemberg mit insgesamt 470 Finanzagenten zu tun. Im Oktober 2010 war die Bande ausgehoben worden. Acht Hintermänner – estnische, deutsche und britische Staatsbürger – sollen mit mehr als 260 manipulierten Überweisungen über Online-Banking mindestens 1,65 Mio Euro ins Ausland transferiert haben.

Die Hauptverdächtigen sitzen seither in U-Haft und warten auf ihren Prozess. Die Polizei war ihnen durch aufwendige Überwachungen und Serverkontrollen auf die Schliche gekommen. Doch dass Hintermänner geschnappt werden, kommt eher selten vor. Das Risiko der Finanzagenten ist ungleich größer – mit ihren Kontoverbindungen bieten sie den Fahndern einen konkreten Ermittlungsansatz. Zudem sind Banken und Sparkassen gesetzlich verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn es bei seltsamen Kontobewegungen den Verdacht auf Geldwäsche gibt.

Hartz-IV-Empfänger ausgenutzt

„Den Tätern im Hintergrund ist das Risiko der Finanzagenten egal“, sagt LKA-Sprecher Scheulen. Die Hintermänner suchten sich gerne Leute aus, die in finanziell schwieriger Lage sind, Hartz-IV-Empfänger etwa. Gerade dann fällt bei den Banken aber rasch auf, wenn wieder Geld übers Konto geht.

Wer als Finanzagent erwischt wird, kann sicher davon ausgehen, dass er von den durch Phishing geschädigten Geldinstituten verklagt wird. Diese versuchen, sich das ins Ausland überwiesene Geld vom Finanzagenten zurückzuholen. „Zudem droht dem Finanzagenten ein Strafverfahren wegen Geldwäsche“, so Frank Scheulen (Haftstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren möglich). Der LKA-Sprecher: „Wenn jemand ei­nen Nebenjob anbietet und dafür ans Konto will, sollte man sehr misstrauisch sein.“