Lüdenscheid. .

Der Papst kommt – und man sollte ihn in Berlin in aller Gastfreundschaft empfangen, findet Johannes Broxtermann, Dechant des katholischen Dekanats Altena-Lüdenscheid. Das schließe die geplanten Proteste keineswegs aus. Dass Benedikt XVI. allerdings im Bundestag reden soll, hält Klaus Majoress, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, für kein gutes Zeichen. Reaktionen in der Bergstadt.

Allenfalls für den Papst als Staatsoberhaupt des Vatikans sei diese Kulisse gerechtfertigt, meint Majoress. Er erwartet, dass sich der Gast aus Rom in seinem Vortrag dementsprechend mit gesellschaftspolitischen Fragen zur Gerechtigkeit in der Welt, zu Frieden und Klimaschutz befassen wird. Vielleicht auch mit Europa als Wertegemeinschaft, so schätzt Broxtermann, und dem Dialog zwischen den Religionen.

Ähnlich wie Broxtermann hält es Majoress fast schon für „peinlich“, wenn sich einige Bundespolitiker, wie angekündigt, von der Papst-Rede fernhalten wollen. Benedikt müsse einfach die Chance haben, sich zu äußern – auch zu den Missbrauchsfällen in der eigenen Kirche, meint Broxtermann. Oder auch mit Verfassungsrichtern über rechtliche Grenzen zwischen Staat und Kirche zu diskutieren.

Protest ist „Rand-Erscheinung“

Die Protestierenden in Berlin seien „eine Rand-Erscheinung“, sagt Dechant Johannes Broxtermann. Zu demonstrieren sei aber ihr gutes Recht.

Ihre Interessen blieben für die katholische Kirche intern „eine heikle Frage“, die aber angesichts der Realität künftig anders bewertet werden müsse.

Schwule erwägen Teilnahme an Demo

Unterdessen denkt man in der Lüdenscheider Schwulen-Szene darüber nach, ob man sich kurzfristig an den für Donnerstagnachmittag geplanten Protesten in der Bundeshauptstadt beteiligt. Dort möchte ein Bündnis aus mehreren Organisationen vom Lesben- und Schwulenverband bis hin zu „pro familia“ gegen die „menschenfeindliche Geschlechter- und Sexualpolitik“ des Papstes demons­trieren. Sie grenze Menschen aus und diskriminiere.

Eigentlich, so Sabrina Schwickardt vom Verein „Lesben und Schwule in Lüdenscheid“ (LuS!L), sollte man Benedikt ja einfach reden lassen – zumal er auch über heterosexuelle Lebensweisen so eine seltsame Meinung habe. Aber vielleicht werde man ja doch noch mit einer Delegation aus dem Märkischen Kreis in Berlin vertreten sein.

Hoffnung auf Antworten zu innerkirchlichen Fragen

Die innerkirchliche Kritik liege unterdessen auf ganz anderen Feldern, betont Broxtermann. So stelle sich etwa die Frage, wie die Kirche nach ihrer Struktur-Reform noch angemessen für den Glauben werben könne. Hier erhofft sich Broxtermann ebenso Antworten des Papstes wie bei der Ökumene – die „lokal allemal“ schon intensiver gelebt werde. Zumal auch die evangelische Kirche mit der Glaubenskrise in der Gesellschaft zu kämpfen habe.