Rünthe. .

Ein Jahr lang dauerten die Arbeiten. Jetzt ist sie fertig: die Fischtreppe an der Lippe.

Knapp eine Million Euro - Grundstücksankäufe inklusive - ließ sich das Land NRW das ungewöhnliche Bauwerk kosten, das sich so ziemlich an Bergkamens nördlichstem Punkt befindet; im Lippetal in Rünthe, direkt an der Stadtgrenze zu Werne.

290 Meter lang und
neun Meter breit

„Die Fischtreppe ist 290 Meter lang und mit neun Metern ungewöhnlich breit“, erläutert Michael Steinbach, Sprecher des Lippeverbandes ein wenig stolz. Und selbstverständlich, so ergänzt er, sei die Fischtreppe auf dem neuesten Stand der Technik.

Doch warum braucht Bergkamen eine Fischtreppe?

Der Grund sei das Wehr, das vor über 50 Jahren an dieser Stelle der Lippe gebaut worden sei und das heute in dieser Form nicht mehr errichtet würde, erklärt Steinbach. Anlass für den Wehr-Bau war einst die Schifffahrt auf der Lippe. Das Wehr sollte den Schiffen das Überwinden von fast drei Metern Höhenunterschied ermöglichen,.

Das Problem: Die Fische waren damals vergessen worden. Die Tiere, die gegen den Strom schwimmen, um möglichst nahe an der Quelle oder im Oberlauf eines Flusses abzulaichen, können den Höhenunterschied von drei Metern natürlich nicht überwinden. „Nur Lachse könnten das“, sagt Steinbach. „Aber die schwimmen normalerweise nicht in der Lippe.“

Meerforelle, Fischneunauge und Aal jedoch standen (vielmehr: schwammen) an dem Bergkamener Wehr bislang vor einem unüberwindbaren Hindernis auf dem Weg zu ihren Laichplätzen. Die Fischtreppe ermöglicht es ihnen nun, aus dem Bereich vor dem Wehr in die Lippe hinterm Wehr zu gelangen.

„Sie müssen sich die Fischtreppe wie eine Umgehungsstraße vorstellen“, sagt Steinbach. Vor dem Wehr wurde etwa ein Drittel des Lippewassers abgezweigt und - eben wie eine Umgehungsstraße - seitlich um das Wehr herumgeführt, um nach 290 Metern wieder auf den ursprünglichen Fluss zu stoßen.

In dieser nassen Umgehungsstraße befinden sich 27 kleine Becken, die wie kleine Treppen den Höhenunterschied ausgleichen. „3 Kubikmeter pro Sekunden fließen durch diese Fischtreppe“, sagt Steinbach. Das sind 3000 Liter. „Diese Menge sollte nicht unterschätzt werden“, warnt der Lippe-Experte. „Die Strömung kann ganz schön stark werden. Man sollte auf keinen Fall in diesem Bereich schwimmen.“

Optisch ansprechend ist die Fischtreppe übrigens auch. Sie ähnelt einer Wildwasserstrecke. „Die Zeiten, in denen solche Treppen aus Beton gebaut wurden, sind vorbei“, sagt Steinbach.

„Für die Fischpopulation, also auch für die Vermehrung, ist es wichtig, dass die Fische von A nach B gelangen können“, erklärt Steinbach.

Manche Fische kämen sonst gar nicht miteinander in Kontakt. Doch das betrifft nur die Wanderfische, nicht etwa die Regionalfische wie Groppe, Hasel, Nase oder Quappe, die kein Interesse an der Fischtreppe haben.

Erfolgskontrolle
mittels Fischreuse

Wie viele Fische im einzelnen, und wie viele Arten (25 gibt es in der Lippe) insgesamt die Fischtreppe nutzen, soll nach einer gewissen Zeit eine Kontrollreuse nachweisen. „Diese Art der Elektrobefischung findet im Winter statt“, erläutert Steinbach. Fachleute würden unter Zuhilfenahme von Strom die Fische kurzzeitig „außer Gefecht“ setzen, sie einscannen, datentechnisch erfassen und sofort wieder ins Wasser lassen. „Das geschieht nur einige Tage lang. Den Fischen passiert dabei normalerweise nichts“, versichert Steinbach.