Essen. . Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen arbeiten nur noch 26 Deutsche Schäferhunde. Die Ordnungshüter setzen verstärkt auf seinen belgischen Bruder Malinois. Der soll angeblich noch ein wenig wendiger, weil leichter, quirliger und neugieriger sein.

Kommissar Rex ist auch nicht mehr das, was er mal war. Überhaupt hieß er ja tatsächlich Henry, und irgendwann im vergangenen Sommer hat das Fernsehen den tierischen Ermittler außer Dienst gestellt. Womit es dem Filmhelden Rex nicht anders erging als seinen Artgenossen im wirklichen Leben auch: Von 350 Polizeihunden in Nordrhein-Westfalen sind nur noch 26 Deutsche Schäferhunde.

Wo ist es geblieben, der Deutschen liebstes und typischstes Tier? Die Nummer 166 von 339 anerkannten Hunderassen, Gruppe 1, Sektion 1, dieser Aufrechte im Rassenlexikon (von A wie Alpenländische Dachsbracke bis Z wie Zwergspitz) zwischen Deutschem Pinscher und Deutschem Wachtelhund? Der gute alte Schäferhund! Es ist, als hätte man den Deutschen ihre Eiche gefällt.

Gelbes Kurzhaar statt bunter Kuschelhund

„Zu dumm?“, fragte der Boulevard entsetzt, als nun jemand die schleichend schwindenden Zahlen bemerkte: Die Polizei nämlich setzt auf des Schäferhunds belgischen Bruder, und der soll angeblich noch ein wenig wendiger, weil leichter, quirliger und neugieriger sein. Ein eher gelbes Modell, Sorte Malinois, kürzere Haare, nicht der braun-schwarze Kuscheltyp, wie man den Schäferhund gemeinhin kennt. Und: Er trägt das Haupt höher! Ein Polizist führte kürzlich einen vor, der so heißt wie man derzeit eben heißt als bekannter Belgier: Milow.

Auf die Frage allerdings hat der Verein für Deutsche Schäferhunde eine ebenso schnelle wie deutliche Antwort: „Der ist nicht zu blöd!“, sagt Sprecher Heiko Grube. „Definitiv nicht.“ Vielmehr gelte der Rassestandard: „Vom Wesensbild her ausgeglichen, nervenfest, selbstsicher, absolut unbefangen und (außerhalb einer Reizlage) völlig gutartig, dazu aufmerksam und führig. Er muss Triebverhalten, Belastbarkeit und Selbstsicherheit besitzen um als Begleit-, Wach-, Schutz-, Dienst- und Hütehund geeignet zu sein.“

Und so kennen die Deutschen ihren Schäferhund ja auch. Rex, den treuen Gesellen aus dem Fernsehen, der die Tunichtgute überführte. Oder Rin-Tin-Tin (1918-1932), der in den 20er-Jahren in den USA Hauptrollen in 26 Filmen und eine eigene Radioschau hatte und in den 50ern seinen Namen einer Western-Serie lieh. Oder, Entschuldigung, ja, auch Blondi, vierbeinige Assistentin Adolf Hitlers, die im Auftrag der Propaganda dem Führer ein menschliches Antlitz geben sollte. Sie konnte so wenig etwas dafür wie die Mauerhunde an der innerdeutschen Grenze. Bessere Beispiele sind die vielen Blinden- und Begleithunde.

Polizeihund Vidocq

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Bis heute werden im Jahr eine Million Geburten Deutscher Schäferhunde weltweit allein durch Vereine registriert, 250 000 leben in ihrem „Stammland“. „Die sind nicht vom Aussterben bedroht“, betont Heiko Grube. Allerdings gibt es auch diese Zahlen: Von über 20 000 Welpen jährlich rund um den Jahrtausendwechsel sind inzwischen kaum mehr 16 000 geblieben. Die gefühlte Schäferhund-Population an deutschen Hundeleinen sinkt. Auf den Beliebtheitsskalen einschlägiger Verbände hält sich Canis lupus mühsam oben, im aktuellen Ranking einer Hundeversicherung aber fiel er unlängst zurück auf Platz 10 – hinter Mischlinge, Retriever, Jack Russels und sogar Rottweiler.

Warum? Da müsste man jonglieren mit Argumenten wie Mode, Beiß-Statistik (auch da bleibt der Schäferhund im vorderen Bereich), Überzüchtung. Ein Fünftel aller Nachfahren des „Hektor von Linksrhein“, der es als erster seiner Art ins Zuchtbuch schaffte, soll 120 Jahre später an Hüftfehlstellungen leiden. Man hat dem Hund einen derart abfallenden Rücken designt, dass die Hunde-Verhaltensberaterin Saskia Kobal notierte, der Schäferhund erinnere „eher an einen dicken Karpfen. . . Seine Hinterbeine sind so stark angewinkelt, dass sie an einen Frosch erinnern“.

Belgier erwies sich als „dienstlich günstiger“

Ein Grund für den Schwund bei der Polizei aber könnte laut Schäferhunde-Verein auch sein, dass es schlicht keine Zuchtprogramme für Diensthunde mehr gebe. Und da beißt sich die Katze, Verzeihung, der Hund in den Schwanz. Denn andersherum war es die Polizei Nordrhein-Westfalens, die sich schon Ende der 80er-Jahre auf eigene Züchtung verlegte: Das Budget war (und ist) begrenzt, der Anspruch hoch, gute Diensthunde konnten sich die Ordnungshüter schlicht nicht mehr leisten. Also begann Günther Bonke, heute Fachkoordinator Diensthundewesen beim Landesamt Ausbildung und Fortbildung der Polizei, aus einer deutschen und einer belgischen Linie zu züchten – und sah schnell: „Die belgische war die stärkere, dienstlich günstigste.“ Mehr Welpen pro Wurf, eine 13 Prozent höhere Eignungsquote, 18 Prozent mehr Tiere, die zusätzlich zum Schutz- auch als Spürhund geeignet waren.

Es mag nur am Stammbaum gelegen haben, jedenfalls will Bonke die Zuchterfolge seines Hauses keinesfalls verallgemeinern, „das Thema ist nicht so emotional wie gemacht“. In NRW sind inzwischen 281 Belgische Schäferhunde im Dienst, 20, 25 gute kommen aus eigener Zucht im Jahr hinzu. Dennoch freut sich Bonke über „jeden guten Deutschen Schäferhund, der uns angeboten wird: Wir haben uns nicht gegen ihn entschieden.“

Und ob nun deutsch oder belgisch, Hauptsache Schäferhund. Sagt Heiko Grube: „Wir wollen doch die Rassen nicht gegeneinander ausspielen!“

Hunde helfen Menschen

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