Holzwickede. .

Die Emschergemeinde ein verschlafenes Nest? Mitnichten. In kaum einer anderen Gemeinde wurde der Kirchenkampf in den dreißiger Jahren des dritten Reichs energischer ausgefochten als dort. Und die Geschichte des Kirchenkampfes in Holzwickede ist auch die Geschichte von Karl Dünhölter.

Anlässlich des 100. Geburtstages ihrer Mutter Anneliese folgen die vier Kinder des Ehepaars Dünhölters den Lebensspuren ihrer Eltern. Der Weg der in Deutschland und den USA lebenden Kinder führt daher unvermeidlich in die evangelische Kirche am Markt. Deren Kirchenschiff war Schauplatz des berühmten Aufeinandertreffens von Karl Dünhölter und Albert Schäfers: Die beiden Pastoren der jeweils einzig „richtigen Kirchengemeinde“.

Wenn Politik und Religion in einem Boot sitzen, ist das Chaos nicht fern. So sah der Plan der Nationalsozialisten, die Kirche zu Fall zu bringen, vor, sie von Innen heraus auszuhöhlen. Das Christentum sollte so mit der NS-Ideologie in Einklang gebracht werden. 1932 entstand so die systemtreue Glaubensbewegung „Deutscher Christen“. Als Gegner jener „falschen Lehre“ gründeten sich die Bekenntnis-Christen. Bereits in den ersten Jahren wurde aber klar aber klar, dass der Plan keinen Erfolg haben würde und so ließen die Nazis von der Idee ab.

Da hatte sich der Plan in Holzwickede aber schon zum Selbstläufer entwickelt. Noch im Jahre 1936 standen sich dort Deutsch-Christen und Bekenntnis-Christen wie Feuer und Wasser gegenüber. Mit Pastor Albert Schäfer auf Seite der Deutschen Christen und Karl Dünhölter als Pastor der Bekenntnisgemeinde.

Kern des Konflikts war Schäfers Weigerung, den Bekenner-Christen die Nutzung der Kirche am Markt zu gestatten. Dünhölter mussten daher auf die Gaststätte Herkelmann, heute Bambus-Garten, ausweichen. Schäfer drehte das Messer in der Wunde um, indem er die Bekennergemeinde daraufhin als „Schnaps-Christen“ verhöhnte. Die Fronten im Streit um die Kirchennutzung verhärteten sich soweit, dass Deutsch- Christen zeitweise „ihre“ Kirche sogar mit Mistgabeln gegen die andere Seite zu verteidigen suchten. Den Höhepunkt der Auseinandersetzung soll eine handfeste Prügelei zwischen Schäfer und Dünhölter vor dem Altar der Kirche im August 1936 gebildet haben.

Der bevorstehende Krieg ließ aber auch in Holzwickede den Kirchenkampf an Bedeutung verlieren. Bei Kriegsausbruch wurden die beide Pastoren von der Wehrmacht eingezogen. Im Januar 1945 fiel Karl Dünhölter. Seine im September 1944 geborene Tochter, Ilsabe Dünhölter sah er nicht mehr. „Wir waren zu jung, um uns heute noch genau zu erinnern, aber wir verbinden die Zeit in Holzwickede am meisten mit unserem Vater“, sagt die zweitälteste Tochter Marie -Luise Blessing.

Aber mit einem Missverständnis möchten alle Kinder aufgeräumt wissen. Man habe sich nicht geprügelt, sondern lediglich etwas „gerangelt“.