Methler. .
Seelenruhig steht Julia Otten auf der Leiter und versucht mit einem Akkuschrauber ein Stück Außenverkleidung vom Dach der ev. Kita in Methler zu lösen. Allein ist die 22-Jährige nicht dort oben. Unzählige Hornissen umschwirren ihren Kopf.
Der steckt zwar unter einem Imkerhelm, doch so lang die Kamenerin in unmittelbarer Nähe des Hornissennests hantiert, wird sie die Tiere nicht mehr los. Die stehen nämlich in höchster Alarmbereitschaft – ihr Nest ist schließlich in Gefahr.
Der Feind wird mit
einem Sekret markiert
„Der Helm wurde von den Hornissen längst markiert“, sagt Julias Bruder, Tobias Otten, und reibt sich noch sein linkes Auge. Einen Teil des Markierungssekrets hat er selbst abbekommen, als er sich in voller Imkermontur dem Nest näherte. Ist der „Feind“ erstmal markiert, weiß jede Hornisse, wen sie anzugreifen hat.
„Eigentlich sind Hornissen sehr friedliche Tiere“, sagt der 26-Jährige. Für das menschliche Treiben interessieren sich diese großen Insekten weniger, als ihre kleineren Verwandten, die Wespen. In einem Kindergarten, direkt in der Nähe der Spielwiese, seien aber auch friedliche Hornissen zu gefährlich, meint der Experte.
Tobias Otten engagiert sich im Kreis Unna als ehrenamtlicher Berater, wenn es um Wespen, Bienen und Hornissen geht und übernimmt auch die Umsiedlung von Nestern. Mit acht Jahren hat er sein erstes Hornissennest umgesiedelt. Auch Schwester Julia hat keine Berührungsängste. „Das ist genetisch“, grinst sie. Vater Heino Otten ist Biolehrer am Kamener Gymnasium und ebenfalls Experte, wenn es um Insekten geht.
Nach mehr als einer Stunde wird den Geschwistern klar, dass sie nicht an das Nest herankommen. „Das geht viel zu weit in die Wand hinein“, sagt Tobias Otten traurig. Für die fleißigen Hornissen bedeutet dies nämlich das Ende – auch wenn sie unter Artenschutz stehen und normalerweise nicht getötet werden dürfen.
Doch ein Kindergarten stellt auch für die Untere Landschaftsbehörde des Kreises einen Sonderfall dar. Deshalb bekommt Tobias Otten am Telefon sofort die Genehmigung, das Nest zu zerstören. Wohl ist ihm dabei nicht. „Das ist einfach schade“, sagt er. Einen Platz für das Nest hätten die Geschwister schon gehabt. „Das hätten wir zu unserer Oma gebracht“, sagt Julia. Sie selbst haben nämlich schon zwei umgesiedelte Wespennester und ein Hornissennest in ihrem eigenen Garten aufgenommen.