Plettenberg. .
Es ist nicht immer ganz fair mit der Staatsmacht: Je nach dem wie der Wind steht, werden wirtschaftlichen, ökologischen oder politischen Zielen unterschiedliche Prioritäten eingeräumt. Am Schwenk der Bundesregierung in der Kernenergiefrage lässt sich das ablesen.
Im Herbst 2010 wird noch eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschlossen, um sie angesichts Fukushimas wieder zu kassieren.
Sicherheit, Sauberkeit und Umweltschutz bei der Energieproduktion haben nun den Vorzug vor Kostensparen und Branchenfreundlichkeit erhalten. Spürbar wird die Verschiebung auch vor Ort und aus ganz anderen Gründen: Abseits von umstrittenen Windrädern, Sonnenkollektoren und Überlandleitungen, die für die Versorgung mit sauberer Energie aber unumgänglich sind, bekommt die Firma Messingwerk veränderte Prioritäten in Wirtschafts- und Umweltpolitik zu spüren.
Das Unternehmen war seiner Zeit voraus, weil es bis 2005 einen Teil seines Strombedarfs mit einem eigenen Wasserkraftwerk in der Lenne deckte. Aus Gründen des Naturschutzes wurde der Firma das Wasserrecht „abgepresst“, im Gegenzug erhielt das Messingwerk die Baugenehmigung für einen weiteren Produktionsstandort.
Durchgängigkeit der Flüsse beachten
Heute, da kein Weg mehr an erneuerbarer Energie vorbeiführt, werden Umweltschutz und Energiegewinnung anders gewichtet: Es sind Überlegungen im Gange, das 2005 rückgebaute Wasserwerk wieder hochzuziehen, Turbine und Staustufe erneut ins Wasser zu lassen.
„Bei der wirtschaftlichen Nutzung von Fließgewässern muss die Durchgängigkeit von Flüssen für Fische beachtet werden“, so Bürgermeister Klaus Müller. Die Stadtwerke allerdings hätten sich nicht darum beworben: Als das Messingwerk damals die Baugenehmigung für die Überbauung des Lenneobergrabens erhielt, fiel das Wasserrecht an die Bezirksregierung, inzwischen ist der Märkische Kreis Inhaber – warum auch immer. „Das ist ja zunächst nur ein Gedankenspiel“, wiegelt Müller ab, der Kreis habe überlegt, wie sich das Wasserrecht sinnvoll nutzen lasse und sei da an die Stadtwerke Plettenberg als ersten Ansprechpartner herangetreten. „Es herrscht keine Absicht, irgendjemanden zu brüskieren, wir sind die Letzten, die da Rechte streitig machen wollen“, versichert das Stadtoberhaupt. Es sei zunächst nur um die Frage gegangen, ob man theoretisch in der Lage sei, hier Strom zu gewinnen. Sollten die Pläne Gestalt annehmen, wovon man im Moment noch weit entfernt sei, werde man die Möglichkeiten in Gesprächen mit allen Beteiligten ausloten.
Erzwungene Aufgabe
des Wasserrechts
Grundsätzlich hat Messingwerk-Geschäftsführer Robert Neuerbourg nichts dagegen, wenn wieder eine Turbine in die Lenne gesenkt wird, im Gegenteil. Seine Firma hat nur durch die erzwungene Aufgabe des Wasserrechts deutliche Einbußen hinnehmen müssen: „50 000 Euro Stromkosten sparten wir mit der Anlage im Jahr“, sagt er, das mache in den sechs Jahren ohne Wasserkraftwerk 300 000 Euro. Der Rückbau habe nochmals mit 200 000 Euro zu Buche geschlagen. Wenn es wirtschaftlich und technisch machbar sei, wolle sich die Firma natürlich in irgendeiner Form beteiligen, wenigstens aber das Wasserrecht zurückerhalten.
Auch aus praktischen Erwägungen: „Der Lenne-Strom hat uns eine gewisse Sicherheit gegeben und Energie wird immer teuerer. Wenn die Versorgung nicht mehr mit AKWs gedeckt wird und aus irgendwelchen Gründen der Strom ausfällt, wäre das eine Katastrophe für uns.“