Duisburg. “Remind the Love“ - eine Musiknacht in den Duisburger Clubs soll dabei helfen, das Vergangene zu verarbeiten. Der Verein “Massenpanik Selbsthilfe“ hatte die Veranstaltung als Trauermöglichkeit für Betroffene der Loveparade-Katastrophe organisiert.

Tanzen, lachen, weinen, feiern, diskutieren, nachdenken, mitsingen - alles ist erlaubt bei der Musiknacht am Freitag in vielen Clubs, Bars und Kneipen in Duisburg. "Die Musiknacht ist ein Wunsch der Hinterbliebenen und Betroffenen. Wir haben damit keine große Party auf die Beine gestellt, sondern eine Möglichkeit geschaffen, Emotionen auszudrücken und Solidarität zu zeigen", erklärt Jürgen Hagemann, Vorsitzender des Vereins "Massenpanik Selbsthilfe", dessen Tochter bei dem Unglück am 24. Juli 2010 schwer verletzt wurde. "Die Musik hat die Loveparade-Besucher verbunden, daher nutzen wir auch die Musik, um der Toten und Verletzten zu gedenken", sagt Hagemann. Mit Musik, die auch sie gehört haben. An Orten, an denen auch sie gefeiert haben.

Im Cafe Museum treffen sich die Mitglieder des Vereins am frühen Freitagabend, um gemeinsam durch die Nacht zu ziehen. Sängerin Mara aus Duisburg hat eigens für den Abend ein Lied geschrieben. "Natürlich weiß ich genau, dass die Welt sich weiterdreht", singt sie, "auch wenn du mir noch so sehr fehlst." Tiefes Durchatmen bei den Betroffenen, einige Blicke wirken ausdruckslos, leer. Oder wütend, wie Gregor Dronskis'.

Eine große Herausforderung

Der 46-jährige Duisburger hat bei der Loveparade gefeiert bis zum Schluss. Von dem Unglück hat er zuerst gar nichts mitbekommen. Betroffen ist er trotzdem. "Ich fühle nur Hass", sagt Gregor Dronski. "Meine Frau ist kurz nach der Massenpanik nach Hause zu den Kindern gegangen", erzählt der 46-Jährige. Vorbei an den Toten. Seit November sei sie in traumatischer Behandlung. "Der Therapeut hat uns geraten, an diesem Gedenkwochenende etwas Positives als Halt zu suchen, damit uns die schlimmen Erlebnisse nicht wieder einholen und umhauen." Die Musiknacht biete ihm genau diese Stütze.

Die Veranstaltung scheint, als sei sie jedoch für einige der Betroffenen auch eine große Herausforderung. Enge Räume, viele Menschen - ein Jahr nach dem Unglück kann nicht jeder schon wieder mit diesen Gegebenheiten umgehen. "Es geht einfach nicht, ich habe es versucht, es ist viel zu eng", klagt eine Besucherin beim Konzert von "Gigi Disko" und verlässt das Cafe Steinbruch.

Gedicht für die Loveparade-Opfer

Im Babasu erhitzt eine Gesprächsrunde zum Thema "Gibt es einen Neuanfang in Duisburg ohne OB Sauerland?" die Gemüter. Theo Steegmann, Sprecher der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" ist zu Gast, die Duisburgerin Anja Lerch singt und Claudia Wädlich, Lyrikerin aus Oberhausen, trägt ihr Gedicht vor, das sie den Opfern der Loveparade widmet. Gemeinsam versucht man, Antworten auf die vielen offenen Fragen zu finden. "Die Musiknacht ist eine tolle Sache", betont Steegmann dabei. "Wir müssen Bewegung schaffen. So viele Clubs wie heute haben in Duisburg noch nie gemeinsame Sache gemacht. Das müssen wir ausbauen, denn nur gemeinsam können wir viel bewegen."

21 Veranstalter beteiligten sich an der Musiknacht in Duisburg. Auch wenn nicht in jeder Location ein besonderes Programm geboten wurde, zeigten sich alle solidarisch: Überall wurden die Besucher gebeten, den "Remind the Love"-Button gegen eine Spende zu kaufen und zu tragen. Der Erlös soll in die Finanzierung künftiger Opfer- und Angehörigentreffen fließen.