Balve.. Matthias Alexander Rath gewinnt mit dem Wunderhengst Totilas bei der Deutschen Meisterschaft in Balve die ersten Titel. Trotzdem blieb das Paar nicht fehlerfrei - das rief auch Kritik der Konkurrenz hervor.
Es war keine spontane Facebook-Party, die das beschauliche Städtchen Balve im wellig-grünen Hügelland zwischen Iserlohn und Attendorn am Wochenende in Wallung brachte. Es war ein Pferd. Schwarz, schön, stark, klug: Totilas und sein neuer Reiter Matthias Alexander Rath (26) bezirzten Publikum und Wertungsrichter bei den Deutschen Meisterschaften und lockten überdies viele Menschen ins Sauerland, die sich sonst eher selten in ein Dressurstadion trauen. Nach dem Sieg im Grand Prix und im Special am Freitag und Samstag folgte gestern der dritte Streich: der Gewinn des Meistertitels in der Kür mit einer neuen Choreographie zur eigens für das neue Traumpaar komponierten Musik von Paul van Dyk – seines Zeichens einer der erfolgreichsten und bekanntesten DJs der Welt.
Beim Popstar auf vier Beinen ist alles ein bisschen größer, aufwändiger, spezieller. Totilas hat nicht nur einen eigenen Komponisten, er besitzt auch Bodyguards, die ihn Tag und Nacht umsorgen. Und es gibt inzwischen auch eine kleine Mode-Kollektion: Schirmmützen mit seinem Namenszug oder weiße T-Shirts zum Preis von 29 Euro. Über Pferde wie Totilas werden Geschichten erträumt, Bücher geschrieben und Filme gedreht. „Fury“, „Black Beauty“ oder „Der schwarze Hengst“.
Deshalb gewinnt der Rappe mit dem schimmernden Fell, als habe man ihn gerade erst in Klavierlack getunkt, wohl auch nicht irgendwie. Der dreimalige Weltmeister siegt fast wie selbstverständlich mit neuen Rekorden: Nie hat es höhere Wertungen bei Deutschen Meisterschaften gegeben als in diesem Grand Prix (81,02 Punkte), diesem Special (83,45) und in dieser Kür (85,55) von Balve 2011. Die Konkurrenz gerät angesichts dieser Dominanz fast schon zur Staffage. Aber auch nur fast. Christoph Koschel, der Zweitplazierte in der Kür, überzeugte auf Donnperignon (82,45) mit einer bemerkenswerten Leistung ebenso wie die Dritte Isabell Werth mit El Santo (82,40).
Totilas ist anders als die anderen Pferde
Totilas ist anders als die anderen Pferde: Er trabt nicht, er schwebt. Er galoppiert nicht, er tanzt. Piaffen, Passagen und Pirouetten meistert der 11-jährige Niederländer zu van Dyks heroisch-orchestralen Klängen mit einer spielerischen Leichtigkeit und einer so grazilen Kopfhaltung, als absolviere er regelmäßig intensive Trainingslager in der Spanischen Hofreitschule.
Matthias Rath ist fast der exakte Gegenentwurf zu dem Zehn-Millionen-Euro-Pferd. Der 26-jährige Blondschopf aus Kronberg wirk ruhig, introvertiert und zuweilen schüchtern, als müsse er sich pausenlos dafür entschuldigen, mit diesem prächtigen Tier arbeiten zu dürfen. „Auf die Titel bin ich sehr stolz“, sagte Rath, „in der Kür heute hätte ich das eine oder andere gerne besser gemacht. Doch die Fehler hoffe ich bis zum CHIO in Aachen ausbügeln zu können.“
Grand Prix für Totilas
Fehlerfrei blieb das Paar an allen drei Wettkampftagen tatsächlich nicht. Oder anders ausgedrückt: Es ist noch viel Luft nach oben. Und das hat auch bereits die Kritiker auf den Plan gerufen. Als Rath und Totilas beim Pfingstturnier in Wiesbaden nach einigen Patzern im Grand Prix nur auf Platz drei kamen, hagelte es Häme und Spott.
Vor allem der Niederländer Edward Gal, der mit Totilas im vergangenen Sommer bei der WM in Kentucky die Reitwelt verzückte, ehe der Hengst nach Deutschland verkauft wurde, kann sich kleinere Sticheleien nicht verkneifen. Insgeheim mag der eine oder andere auch in Balve auf einen Ausrutscher gewartet haben, um die Bestätigung zu bekommen, dass man sich Erfolg nicht kaufen kann. Aber manchmal schießt Geld doch Tore – oder gewinnt Meisterschaften.