Werdohl. .
Kontrolle ist gut – Ampel ist besser? Geht es nach Verbraucherschützern und der Landesregierung, sollen im nächsten Jahr Gaststätten das Urteil der Lebensmittelkontrolleure an ihrem Eingang aushängen. Und zwar je nach Ergebnisgüte in Form einer grün, gelb oder rot leuchtenden Ampel. Werdohls Gastwirte und Restaurantbesitzer sehen das Vorhaben überwiegend skeptisch.
Transparenz den Gästen gegenüber soll diese Offenheit bringen. Denn zurzeit erfährt von Mängeln nur der Gastwirt, nicht aber die Gäste. Unangemeldete Besuche von den Hygieneinspektoren kennt Heidi Brüchle zur Genüge. „Allein letztes Jahr hatte ich vier Kontrollen – es wurde immer akribisch gesucht, aber nie etwas beanstandet“, erzählt die Wirtin der Gaststätte Altenmühle im Gespräch mit der WR.
Herd, Kühlschränke, Kühlhaus, Theke, Schränke – auf Herz und Nieren überprüfen die Beamten die Lokale. Ohne verpflichtet zu sein führt Heidi Brüchle im eigenen Interesse ein Reinigungsbuch für den Schankbereich. Denn für sie steht grundsätzlich fest: „Die Kontrollen müssen sein, vielleicht auch noch gründlicher gemacht werden.“
Aber eine rot leuchtende Ampel ins Fenster hängen. „Das ist für mich der Schwachsinn schlechthin, dann können sie die Bude gleich dicht machen“, ereifert sich Heidi Brüchle. Gefundene Mängel müssten schließlich behoben werden – mit dem geplanten System präge sich der Ruf der roten Ampel aber womöglich auf ewig bei den Gästen ein.
Kontrollen sind auch eine Hilfe
Ähnlich sieht auch Martin Thun in dem Vorhaben eher eine „Stimmungsmache“. Der Inhaber von Thuns Dorfkrug in Kleinhammer hatte kürzlich noch Besuch von den Kontrolleuren. Und falls etwas bemängelt würde, „wird eh reagiert“, betont Martin Thun. Was aber solle da ein Ampelschild am Eingang bringen?
Auch Thun lehnt Kontrollen nicht per se ab. Im Gegenteil: „Für uns ist es auch ganz gut, wenn einmal Betriebsfremde kommen.“ Das sei eine Hilfe, denn vor Betriebsblindheit seien auch routinierte Restaurantfachleute nicht gefeit.
Pragmatische Sichtweise
Pragmatisch sieht Tomislav Lavric die Restaurant-Ampel. „Ich habe nichts zu verbergen“, sagt der Chef des Vier Jahreszeiten. Das sei im Grunde sogar eine gute Idee. „Wir arbeiten mit Lebensmitteln.“ Allerdings liegt in Lavric’ Augen der Hase ganz woanders im Pfeffer. Noch vor seiner Flucht habe er in Kroatien eine Ausbildung zum Fachmann für Restaurant, Marketing und Tourismus absolviert. Zur Eröffnung einer Gaststätte hätte er die in Deutschland aber gar nicht gebraucht, sie sei sogar nicht anerkannt worden.
Sauberkeit / Hygiene
Nach dem Willen des NRW-Verbraucherschutzministeriums soll die Restaurant-Ampel zum 1. Januar 2012 verpflichtend eingeführt werden.
Dazu sind noch parlamentarische Vorarbeiten vom Bundestag zu leisten.
Nach einem Risikopunkte-System sollen nach Kontrollen auf Sauberkeit und Hygiene je nach Ergebnis eine grün, gelb oder rot leuchtende Ampel vergeben werden, die ausgehängt werden muss.
Dagegen sei der bekannte „Frikadellenschein“ bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) Pflicht. Eine Schankerlaubnis vom Ordnungsamt gebe es, nachdem der Antragsteller an der „Unterrichtung über lebensmittelrechtliche Vorschriften nach dem Gaststättengesetz“ (kurz: Frikadellenschein) teilgenommen habe, erläutert Herbert A. Dabringhaus vom Fachbereich Handel und Dienstleistungen bei der SIHK. Eine weitere Voraussetzung – neben einem Gesundheitszeugnis – gebe es nicht. „Es ist nicht schwierig hier“, bestätigt Dabringhaus „Vom Kran- zum Kranführer“ heiße es daher landläufig auch.
„Krabbel“ Schröder:
Haben keine Lobby
Die Unterrichtung, die sich über Lebensmittel- Hygiene- und Gewerberecht verhält, solle sogar mittefristig ganz abgeschafft werden. Wer keinen Alkohol ausschenke, müsse an dem Halbtagesseminar schon heute nicht mehr teilnehmen.
Man solle besser vor der Eröffnung eines Gastbetriebes höhere Anforderungen stellen, anstatt später mit der Keule einer „Restaurant-Ampel“ zu kommen, sagt Tomislav Lavric dazu.
Gar nicht mehr aufregen kann sich über solche Ideen ein ganz alter Hase im Gewerbe: Wilhelm Schröder. Seit über 50 Jahren ist „Krabbel“ schon Wirt. Beanstandet worden sei bei ihm im Gasthof Brinker noch nie etwas. Aber die Ampel könne man wohl nicht verhindern. „Wir haben nicht so eine starke Lobby“, bedauert Schröder.
Und dann erzählt er, was denn wohl von manchem Kontrolleur zu halten sei: Da musste er vor Jahren doch einem früheren Mitarbeiter des Ordnungsamtes erst einmal zeigen, wie die Leitungen der Schankanlage richtig durchgespült werden...