Schwerte..

Wir schreiben das Jahr 1975. Der Vietnam-Krieg ist beendet, Helmut Schmidt Bundeskanzler. Die „Bewegung 2. Juni“ – Keimzelle der RAF - entführt den Berliner CDU-Vorsitzenden und lässt ihn wieder frei, nachdem fünf Terroristen aus dem Gefängnis herausgepresst wurden.

„Es war eine hoch-politische Zeit“, erinnert sich Dr. Stefan Lorenz. Damals verweigerte der Hennener den Wehrdienst aus ethisch-moralischen Gründen. Damals alles andere als selbstverständlich – und einfach. „Ich musste nach der Musterung ins Hagener Kreiswehrersatzamt zur mündlichen Gewissensprüfung. Dort flogen fast alle Antragsteller durch. Ich auch“, konnte der 55-Jährige als junger Mann erst auf die Suche nach einer Zivildienststelle gehen, nachdem dem Widerspruch gegen die Hagener Entscheidung stattgegeben wurde.

25 Bewerbungen

„Es gab wenig anerkannte Stellen. Ich schrieb 25 Bewerbungen und erhielt nur Absagen. Nachdem Franz-Josef Beyer, der Vater des jetzigen Geschäftsführers, im Marienkrankenhaus 1975 die erste Zivildienststelle eingerichtet hatte, bewarb ich mich und wurde genommen.“

Dr. Stefan Lorenz – damals noch titellos – kam frisch vom Gymnasium, den Kopf voller Ideen und Ideale. „An der Seite des damaligen Technikchefs Gerd Lippe wurde ich geerdet. In dieser Zeit habe ich für mein späteres Leben viel gelernt“, war Lorenz in der Klinik als „Mädchen für alles“ im Einsatz.

„Heute ist das anders. Jetzt arbeiten die Zivildienstleistenden viel spezieller“, hält Matthias Reccius dagegen. Statt 16 Monate wie Lorenz absolviert Reccius lediglich sechs Monate Ersatzdienst – im Bettenschiebeservice des Krankenhauses. Ende Juni ist für den 20-Jährigen Schluss. Mit seinem Ausscheiden endet im Marienkrankenhaus Schwerte die Ära der Zivildienstleistenden. Denn durch die Bundeswehrreform und dem Streichen des Wehrdienstes fällt auch die Ersatzvariante weg. „Die Zivis werden uns fehlen“, erklärt Geschäftsführer Jürgen Beyer. Nicht nur als Arbeitskräfte, sondern als vollwertige Mitarbeiter, die auf den Stationen, im OP, in der Zentralsterilisation, als Technikmitarbeiter oder als Verstärkung in der Verwaltung den Klinikalltag bereichert haben. In Zukunft sollen die Lücken über die neue Freiwilligenregelung gefüllt werden.