Im Westen.

Die Förderung von Schiefergas mit den sogenannten Fracking-Techniken, wie sie Unternehmen auch in NRW planen, ist mit mehr Risiken behaftet als bislang von den Firmen angegeben. Eine aktuelle US-Studie fand stark erhöhte Mengen Methan im Trinkwasser in der Nähe von Bohrungen. Eine weitere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass unkonventionell gefördertes Erdgas schädlicher für den Treibhauseffekt ist als Kohle.

Bislang wurde es als „Fake“ abgetan, als ein Trick, mit dem Kritiker die Erdgasförderung mit Fracking-Methoden diskreditieren wollten: Im amerikanischen Dokumentarfilm „Gasland“ schießt plötzlich eine Stichflamme aus einem Wasserhahn, als jemand ein Feuerzeug daran hält. Einen Hinweis auf fehlgeleitetes Methan aus einer nahen Schiefergas-Bohrung sollte diese Filmsequenz andeuten.

Trinkwasser mit Methan angereichert

Jetzt haben Wissenschaftler der Duke University in North Carolina genau das nachgewiesen. Sie untersuchten das Trinkwasser von 60 Haushalten in der Umgebung von Schiefergasbohrungen. Das Ergebnis: 13 von 26 Trinkwasserbrunnen in einem Umkreis von einem Kilometer der Bohrungen waren so stark mit Methan angereichert, dass das Wasser Feuer fangen konnte. In 34 Brunnen, die weiter entfernt waren, war das nur in einem Fall so.

Bei der unkonventionellen Gasförderung werden unter hohem Druck feine Risse in Gesteinsschichten gesprengt. Bei diesem „Fracking“ genannten Verfahren wird oft auch giftige Chemie eingesetzt. Das Gas strömt durch die erzeugten Risse aber offenbar nicht nur gezielt ins Bohrloch, sondern auch in andere, Grundwasser führende Schichten und gelangt damit an die Oberfläche.

„Bisher hatte die Industrie diese Möglichkeit zurückgewiesen“, sagt Oliver Krischer, Bundestagsabgeordneter der Grünen und Energieexperte seiner Fraktion. Jetzt müsse man es auch in Deutschland genauer untersuchen.

In Amerika wird die geringe Datenbasis der Studie kritisiert und ebenso, dass es keine Messungen vor Beginn der Erdgasbohrungen gegeben hat. Spuren der beim Fracking eingesetzten giftigen Chemie fanden sich in den Trinkwasserbrunnen jedoch nicht.

Unkontrolliert ausströmendes Methan steigert Treibhauseffekt

Für den Einsatz von unkonventionell gefördertem Schiefergas als „Brücken-Energie“ hatte bislang die Annahme gesprochen, dass dieses Gas umweltfreundlicher mit deutlich weniger CO2-Emissionen verbrennt als andere fossile Energieträger. Doch nach Ergebnissen einer aktuellen Studie der Cornell University (New York) sorgt reines Methan, das nach dem Fracking unkontrolliert aus dem Boden entweicht, für eine Verstärkung des Treibhauseffekts. Methan, das in die Atmosphäre entweicht, richtet dort weitaus größere Schäden als CO2 an. Im Vergleich mit Kohle sei der „Carbon Footprint“ von unkonventionell gefördertem Gas mindestens 20 Prozent größer als der von Kohle.

Angesichts der jüngsten amerikanischen Studien fordert Grünen-Energie-Experte Oliver Krischer im Gespräch mit der WR, dass in Deutschland jetzt „ohne Hektik“ eine Abschätzung der Risiken dieser Form der Erdgasförderung erfolgen müsse. In Frankreich wurde aus diesen Gründen ein Moratorium über Erdgasbohrungen verhängt.

Wintershall will sich auf Konzession Ruhr konzentrieren

Für die BASF-Tochter Wintershall erklärte deren Sprecher Stefan Leunig, dass in die laufenden Prüfungen die Studien einbezogen würden. Umgesetzt werde nur, „was ökonomisch und ökologisch gleichermaßen sinnvoll ist“. Wintershall will ihre Voruntersuchungen zur Erdgasförderung auf die Konzession „Ruhr“ konzentrieren. Das Feld verläuft von der niederländischen Grenze über Wuppertal, Hagen, den Märkischen Kreis bis ins Sauerland. Tiefbohrungen und Frac-Aktivitäten seien aber nicht vorgesehen. Wo genau untersucht werden soll, werde frühestens im Spätsommer klar sein.

Auch ExxonMobil kritisiert die Studien. Sie seien in mehrfacher Hinsicht zu hinterfragen, teilte ExxonMobil-Sprecherin Dr. Ritva Westendorf-Lahouse mit. So wird bezweifelt, dass das Methangas im Wasser aus den Gasbohrungen kommt, weil in den Brunnen ansonsten keine Chemie-Rückstände vom Fracken gefunden worden seien.

Links

Vorabversion der Cornell-Studie (Methane and the Greenhouse-Gas Footprint of Natural Gas from Shale Formations): http://thehill.com/images/stories/blogs/energy/howarth.pdf

Vorabversion der Duke-Studie (Methane contamination of drinking water accompanying gas-well drilling and hydraulic fracturing):

http://www.pnas.org/content/early/2011/05/02/1100682108.full.pdf+html

Kritik an dieser Studie (Link-Empfehlung von ExxonMobil): http://www.energyindepth.org/2011/05/durham-bull/