Essen/Bottrop/Waltrop. . Die Natur blüht, Wiesen und Felder tragen derzeit ein sattes Grün – doch der Schein trügt: Seit drei Monaten hat es in NRW nicht mehr richtig geregnet. In der Landwirtschaft zeichnen sich schon Ernteschäden ab. Bauern hoffen auf Regenwetter.

Wenn Wilhelm Sißmann derzeit auf seinen Feldern in Waltrop unterwegs ist, kann er sich über den anhaltenden Sonnenschein kaum freuen. „Das Wetter ist deutlich zu trocken“, sagt der Landwirt. Seit Februar geht das schon so. Vier Liter Regen pro Quadratmeter Boden ist die schmale Niederschlags-Bilanz der vergangenen Tage in seiner Region: „Viel zu wenig“, beklagt Sißmann. Die Folgen hat er derzeit täglich vor Augen: „Beim Getreide haben wir schon erste Trockenschäden.“ Und der erste Gras-Schnitt für das Viehfutter fällt aktuell zum Teil um die Hälfte kleiner aus.

Einige Landwirte in Ostwestfalen hätten bereits Rapsbestände niedermähen müssen. Weil die Ernte, die eigentlich erst im August ansteht, absehbar den Aufwand auf dem Feld nicht lohnt, berichtet Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW. „Sowas hab ich noch nicht erlebt.“ Im Mai müsse es daher „deutlich regnen“, sagt Rüb, „sonst haben wir im Sommer massive Probleme.“

„2011 wird kein Spitzenjahr für die Landwirte“, ist sich der Essener Bauer Christoph Ridder bereits jetzt sicher, obwohl die erste Getreideernte frühestens in zwei Monaten ansteht. „Wenn der Mai so trocken wird, wie es der April schon war, wird auch der Mais Schaden nehmen“, glaubt Ridder, Vorsitzender der Kreisbauernschaft der Ruhr-Großstädte. Vor allem Sommergerste, Sommerweizen und Hafer, die zwischen Februar und April gepflanzt wurden, „brauchen jetzt sehr viel Wasser“. Bleibt es aus, drohen kleinere Körner und geringere Ernten, sagt Ridder.

Am Wochenende wird es wieder sommerlich

Hoffnung auf Regen können Meteorologen für NRW zurzeit nicht machen. Oliver Klein, Meteorologe beim Bochumer Wetterdienst Meteomedia, sieht höchstens „kleine Chancen auf örtliche Schauer“ in Münsterland, Ostwestfalen und Bereichen des Sauerlands – und auch nur an diesem Mittwoch. Ab Donnerstag stünden die Zeichen landesweit wieder auf Sonne. Am Sonntag könnte es sogar wieder bis zu 25 Grad warm werden. Schlecht für die Landwirtschaft, weiß Klein: „Die Verdunstungsrate nimmt wieder zu.“

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Schon der starke Wind der vergangenen Tage hat den Pflanzen auf den Feldern kaum gut getan. „Der Wind treibt die Feuchtigkeit stärker aus den Böden“, sagt der Essener Bio-Bauer Günter Maas. Was vergangen Woche an Regen gefallen ist, sei bereits nach wenigen Tagen verdunstet. Glücklich ist, wer auf guten Böden anbauen kann, die viel Wasser speichern, meint Maas. Aber in eher sandigen Regionen wie etwa der Soester Börde oder dem Münsterland, ist die Lage kritisch.

Noch nicht so schlecht steht es derzeit um die Kartoffelernte in diesem Jahr, sagt Landwirt Maas: Das warme, trockene Frühjahr „war sogar besser für die Aussaat“ und steigere die Ertragssicherheit. Vorausgesetzt es regnet in der nächsten Zeit mal tüchtig. Auch die ersten Feld-Erdbeeren dürften in diesem Jahr 14 Tage eher auf die Teller wandern: Ab Mitte dieses Monats, schätzt Melitta Aldenhoff-Trümper, Spargel- und Obstbäuerin in Bottrop-Kirchhellen. Der Preis aber könnte steigen. „Wir mussten unsere Erd- und Himbeeren schon im April künstlich bewässern. Das hatten wir vorher noch nie.“

Weniger Wasser in den Talsperren

Bei den Talsperren im Sauerland deutet unterdessen vieles darauf hin, dass sich in diesem Jahr eine Situation wie im Sommer 2003 ereignen könnte – wenn der Sommer so heiß wird wie damals. Die sieben Talsperren des Ruhrverbands, wie etwa Möhne-, Sorpe- oder Bigge-See, sind derzeit zu 81 Prozent gefüllt, heißt es in der Talsperrenzentrale in Essen. Seit Februar seien 40 Prozent weniger Niederschläge registriert worden als im Frühjahrsdurchschnitt, erklärt Mitarbeiter Georg zur Strassen. Statt 82 Liter pro Quadratmeter wurden bisher nur 50 Liter Regen gemessen. Der März war gar „der trockendste März seit Beginn unserer Aufzeichnungen“, sagt zur Strassen.

Mit 384 Millionen Kubikmeter Wasser ist der Pegel in den Talsperren des Ruhrverbands derzeit elf Prozent unter dem Mittelwert der vergangenen 40 Jahre. „Kein Grund zur Besorgnis“, sagt zur Strassen. 4,6 Millionen Menschen werden aus der Ruhr mit Wasser versorgt. Aktuell fließen 2900 Liter Wasser in die Talsperren ein und 14.000 Liter hinaus - pro Sekunde. Bliebe es dabei, wären die Wasserspeicher Ende Juli nur noch halb voll. Aber bis dahin, glaubt man beim Ruhrverband, „wird es bei uns wieder Regen geben.“