Kamen. .

„Wir leben nicht auf einem anderen Planeten oder einer Parallelgesellschaft“, sagt Josef Schleicher, Projektleiter der Wanderausstellung „Volk auf dem Weg“, die am Dienstag in der Stadthalle feierlich eröffnet wurde. Ihm gehe es darum Vorurteile abzubauen und die Geschichte der Russlanddeutschen näher zu bringen.

„Man sagt, dass Russen saufen“, führt Schleicher als eines der bekanntesten Vorurteile an. „Aber was passiert denn auf dem Oktoberfest?“, fragt er spitz. Solche Trinkgelage gäbe es in Russland nicht. Auch die Behauptung, dass Russlanddeutsche in Deutschland Rente kassieren, obwohl sie nie in die Kassen eingezahlt hätten, sei einer der hartnäckigsten Vorwürfe. „Doch solche Äußerungen sind völlig haltlos“, weiß auch der stellvertretende Bürgermeister Manfred Wiedemann. Während seiner Eröffnungsrede unterstreicht er, dass Russlanddeutsche mehr in die bundesdeutschen Rentenkassen einzahlen, als der Personenkreis der Russlanddeutschen Rentner in Anspruch nimmt.

Nicht zuletzt wegen Vorurteilen wie diesen, war es der Vorsitzenden der Kamener Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Irina Bestvater, wichtig über solche Missverständnisse aufzuklären.

„Mit dieser Ausstellung wollen wir zeigen, wer wir sind und woher wir kommen“, sagt sie. Viele Menschen wüssten kaum etwas über die Geschichte und die Schicksale der Deutschen aus Russland.

Die Ausstellung bietet daher auf 25 Stellwänden nicht nur einen historischen Abriss über die Aussiedlung der Russlanddeutschen, sondern auch über die Zeit ihrer Rückkehr und die Gegenwart. Mit Titeln wie „Die Oktoberrevolution 1917 und ihre Folgen“, „Verbannung auf ewige Zeiten?“, „100 Jahre kulturelle Entwicklung“ und „Leistungen der Deutschen im Ruhrgebiet“ wird die Geschichte der Russlanddeutschen erzählt.

Ein wichtiger Punkt dabei ist die Sprache. „Oft denkt man, dass wir gar kein Deutsch sprechen können“, erzählt Josef Schleicher von seinen Erfahrungen. Dass Deutsch allerdings die Muttersprache seiner Eltern- und Großelterngeneration sei, werde dabei vergessen. Deswegen sang der Damenchor „Fröhliche Herzen“ am Dienstag ausschließlich auf Deutsch. Mit dem Lied „Heimat“ vermittelten sie, dass ihre deutschen Sitten und Bräuche erhalten bleiben sollen.

Die Ausstellung kann bis zum 7. Mai in der Stadthalle besucht werden. Am letzten Tag laden die Deutschen aus Russland zu einem „Konzert und Nachmittag der Begegnung“ ein. Interessierte erhalten ab 17 Uhr eine Präsentation der Wanderausstellung. Außerdem wird gemeinsam gesungen und getanzt.