Altena. .
Die Memoiren von Friedrich Heyne erlauben Einblicke in die Zeit in Altena während der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Stadtarchivarin Monika Biroth stellte die Unterlagen zur Verfügung. Für die heutige Ausgabe blenden wir noch einmal zurück in die Zeit nach Kriegsende, ins Jahr 1946.
Friedrich Heyne (damals Bürgermeister) trägt in sein Tagebuch ein: „Im Februar bekamen wir Hochwasser, für Altena fast höchstes Wasser. Sogar vor dem Westfälischen Hof stand die Lenne auf der Straße, als ich von einer Sitzung nach Hause ging. Nur die Brücke der Elektrischen zum Bahnhof war noch passierbar, die gar nicht für Fußgänger und K[raft][w[agen] dienen sollte. In der Nette strömte das Wasser auf der Straße, in der Lennestraße mussten die Bewohner durch Kähne mit Brot versehen werden. Und in dieser Situation wurde uns ein Eisenbahntransport Flüchtlinge zur Unterbringung zugewiesen. Sie saßen auf dem Bahnhof. Der Zug stand noch draußen. Mit dem Ratsmitglied Arentz (Kommunist) ging ich zum Bahnhof, und Arentz, der das Haupt der Flüchtlingsbarackenbetreuer war, machte den Leuten klar, dass in dem Hochwasser in Altena eine Unterbringung nicht möglich sei. Wir riefen dann die Eisenbahnstelle in Hagen an, dass wir die Flüchtlinge zurückschicken müssten wegen des Hochwassers, sie möchten sich um vorübergehende Unterbringung für den Sonntag kümmern. Dann dampften sie wieder ab.
Oktober 1945 beriefen die Engländer einen ersten Kreistag: die Bürgermeister des Kreises, und dazu stellten die Orte und zugelassenen Parteien weitere Vertreter, wir waren 80 Männer, die sich versammelten zur Wahl eines Landrats. Der bisherige konnte nur noch als Oberkreisdirektor nach dem englischen zweigleisigen Muster in Frage kommen. Bürgerlich und Sozialistisch - Kommunistisch schienen fast gleich vertreten. Die Bürgerlichen suchten einen Mann, „der seine Heimat liebe“, und meinten ihn in einem Werdohler Fabrikanten gefunden zu haben, Prein nominierte ihn mit genanntem Etikett. Die Linke hatte bis jetzt noch niemand benannt. Aber diesen Mann lehnte sie ab als ehemaligen Stahlhelmer. Es mochte schon stimmen. Prein bestritt das. Nun wurde für ihn Prein selber vorgeschlagen, der nur annehmen wollte, wenn er einstimmig gewählt würde. Mit einer kleinen Mehrheit wurde Prein gewählt, und ich ließ ihn nun nicht erst zu Worte kommen wegen der fehlenden Einstimmigkeit; er solle sich überlegen, gegen wen er gewählt sei: einen alten bewährten Demokraten! Damit nicht unsere Versammlung wie das Hornberger Schießen ende, solle er annehmen.
Es war eine schlechte Zeit gewesen; man hatte uns mit Kalorien so gerade am Leben erhalten, der Normalverbraucher hatte eigentlich immer Hunger und zu ihnen zählte auch der BM von Altena, nach meiner Auffassung. Er durfte sich nicht etwa direkt extra Rippenstücke abschneiden, wie sie der Offizier des 1. Weltkriegs und der „Stab“ bis herunter zum Kompaniestab erhielt oder nahm. Wir mussten eben auch mit unseren Kalorien auskommen. Woher meine Frau hin und wieder mal einen Happen mehr aufgegabelt hatte, danach habe ich nicht gefragt.
Zwei Hemden zugeteilt, eins wieder konfisziert
In den acht Monaten erhielt ich an Garderobezuteilung einen dringend benötigten Anzug, einen Mantel für den Sommerregen, einen Hut und zwei Hemden, von denen eins mir wieder für Flüchtlingsausstattung vom befugten Ausschuss abgenommen wurde Richtige Nazis hatte es nach einiger Zeit nicht mehr gegeben außer denen, die das nicht wegleugnen konnten. Sehr viele waren anscheinend sogar „verhinderte Widerstandskämpfer“ gewesen, wenn man sie hören oder lesen konnte. Unser Stadtratskommunist A. sagte mir drum mal: „nicht lange, so gab es überhaupt nur 2% Nazis in der Bevölkerung, und dazu werden Sie und ich gehören!“.