Holzwickede. .

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden – so steht es im Grundgesetz. „Dass Anspruch und Wirklichkeit oft noch weit auseinanderliegen, musste jetzt die Aydaco-Arbeitsgruppe des Clara-Schumann-Gymnasiums feststellen“, sagt AG-Leiterin Zuhrah Roshan-Appel. Im Selbstversuch erkundeten dafür einige Mitglieder als Rollstuhlfahrer die Stadt.

Dass kleine Aufkantungen und Pflasterlücken schon zu gefährlichen Stürzen führen können, darauf hatte Michaela Proba die Gruppe schon am Vortag hingewiesen. Die Schulsekretärin, die auch die sechs Leih-Rollstühle organisierte, ist seit ihre 13. Lebensjahr auf den Rollstuhl angewiesen. „Eine super Idee, dass die AG das macht. Denn es ist zwar vieles in letzter Zeit schon besser geworden, für Rollstuhlfahrer gibt es aber noch genügend alltägliche Hindernisse in der Stadt.“

In sechs Gruppen ging es am Donnerstagnachmittag auf Tour, Richtung Bahnhof, Marktplatz, Bank, Kirche oder in den Supermarkt.

„Vorsicht!“, ruft Mahan (18) und kann durch beherztes Zupacken gerade noch das rückwärtige Umstürzen des Rollstuhls verhindern, in dem Basti gerade gehörig der Schrecken in die Glieder gefahren ist. Der 16-Jährige hat versucht, allein die steile Rampe zum Bürgerbüro hinaufzufahren. Mit so viel Schwung, dass er prompt nach hinten kippte.

Christina kauft derweil beim Bäcker ein. Freundlich reicht die Verkäuferin das Wechselgeld, die Brötchentüte bleibt allerdings kaum erreichbar auf der hohen Theke liegen. „Das im Supermarkt hat mich aber viel mehr geärgert“, sagt die 16-Jährige. Da bleibt die Schülerin im Rolli gut sichtbar vor einem Regal stehen, um verzweifelt weit oben nach einem Paket zu angeln. „Viele haben das gesehen, nur kaum einer hat sich um mich gekümmert.“ Was der Schülerin auffällt: „Die wenigen, die geholfen haben, waren alles ältere Menschen. Offenbar, weil die öfter auf Hilfe angewiesen sind, als junge Leute“, vermutet die Gymnasiastin.

Was hilft, hat aber manchmal auch seine Tücken. Beispiel: Der schmale Aufzug. „Mit dem breiten Rollstuhl kann man da zwar reinfahren, muss aber Rückwarts wieder hinaus, da umdrehen nicht möglich ist.“

Ihre Tour-Ergebnisse tragen die AG-Mitglieder in einem Abschlussbericht zusammen, den sie Bürgermeister Jenz Rother übergeben werden.