Massen/Dortmund. .

Die vollbesetzten Zuhörerbänke des Dortmunder Schwurgerichtes scheinen ihn nicht zu interessieren. Auch nicht das Blitzlichtgewitter der Fotografen. „Ich bin ein sachlicher Mensch“, sagt der Massener Hans-Jürgen S. (56). Sein Geständnis, die schlafende Ehefrau am Morgen des 22. September heimtückisch ermordet zu haben -- es ist druckreif, völlig emotionslos und lässt einem das Blut in den Adern gefrieren.

„Meine Überlegung war: Wie reagiert meine Familie auf diese ganze Geschichte? Die Geschichte – 250 000 Euro, die der damalige Vermögensberater der Sparkasse vom Konto einer Seniorin genommen hatte. „Es kam mir erst der Gedanke an Selbstmord.“ Der Mann in der beigen Strickjacke zögert keine Sekunde, spricht ruhig – wie in einem Routine-Gespräch mit Bankkunden. „Aber mein Selbstmord, und dann noch diese Unterschlagung, das hätte meine Frau nicht verkraftet..“ Dann der klare Satz: „Ich habe überlegt, sie umzubringen. Ich wollte sie schützen.“

Es ist der Nachmittag des 21. September 2010, als das Kartenhaus des einst erfolgreichen „Machers“, so sein Anwalt Hartmut Ganzke, zusammenbricht. Da bekam er auf der Arbeitsstelle einen Anruf. „Mir war alles klar.“ An jenem Nachmittag flog die 250 000 Euro-Unterschlagung auf. Mit dem Geld habe er zum einen weitere Kundenkonten, die er geschröpft hatte, ausgleichen wollen. Zum anderen buchte er eine Malediven-Reise, bestellte sich ein Auto, gab den Söhnen Bargeld. „Ich erzählte ihnen, ich hätte von einer wohlhabenden Kundin etwas geerbt.“ Auch seine Frau sei völlig ahnungslos gewesen.

Hans-Jürgen S. plante dann, wie er weiter ohne einen Anflug von Emotionen erzählt, für seinen Suizid wegzufahren. Zur Vorbereitung seines Hamburg-Trips erstellte er einen Ablauf-Plan“, wie das Gericht es nannte – und hielt sich auch minutiös daran. Einzig der Mord an seiner Frau ist nicht vermerkt.

Ablauf-Plan zur
Vorbereitung erstellt

Der Wortlaut: „CDs mitnehmen. Koffer packen. 6.15 Uhr: Brötchen holen. 10 Uhr: SMS an die Jungs, 11 Uhr: Leihwagen vom Flugplatz holen“. Tatsächlich schickt er folgende SMS: „Hallo, Jungs, Info an euch: Sind bis Sonntag verreist. Mum und Dad.“

Als die Söhne diese Nachricht bekommen, ist ihre Mutter tot. „Ich hatte erst die ganze Nacht nicht geschlafen, aber gegen 5.30 Uhr musste ich eine Entscheidung treffen.“ Hans-Jürgen S. trifft sie. Er schlägt nachts mit einer Hantel auf seine schlafende Ehefrau ein. Und wieder kommt so ein Satz von unglaublicher Kälte: „Ich wusste, dass Menschen auch mit schweren Kopfverletzungen überleben können. Ich bin dann in die Küche gegangen und habe ein Messer geholt.“

Zwei Tage später wird er auf dem Parkplatz seines Hamburger Hotels festgenommen, wie er erzählt, auf der Rückkehr von einem Ausflug nach Rügen. „Ich hatte mir eine Allee ausgesucht, um mich umzubringen.“ Der Vorsitzende Richter Wolfgang Meyer schließt den ersten Prozesstag mit dem Satz: „Es ist schwer, Ihre Aussage entgegenzunehmen, obwohl wir hier schon einiges gehört haben.“ Fortsetzung am 12. April, 13 Uhr.