Dorsten. .

Der städtische Wirtschaftsempfang in einer Kirche? Die Stadt hat sich damit schwerer getan, als die Hausherren. In seiner Begrüßung am Mittwochabend nannte Gemeindeleiter Jens Vogel die Freien Christen im Hervester Bahnhof schmunzelnd „unsere Firma: Hier geht es persönlich zu und hier kann jeder ‘was werden.“

Die Wirtschaftsförderung Windor dagegen habe „lange überlegt, ob wir den Mut haben, in diesen Bahnhof zu gehen“, sagte Bürgermeister Lambert Lütkenhorst, im Nebenjob auch Windor-Chef. Die Antwort: „Wir sind in einer Region, die Bewegung braucht. Und hier in der Bahnhofshalle war immer Bewegung.“

Einige Themen in Bewegung riss Lütkenhorst in seiner Begrüßung kurz an:


Media Markt: Der Kaufvertrag über die städtische Fläche wurde in der vergangenen Woche unterschrieben, der über eine angrenzende Privatfläche steht vor der Unterzeichnung, Rodungsarbeiten haben begonnen. Lütkenhorst bekannte sich zu der (umstrittenen) Ansiedlung: „Wir werden Gegner erleben, die von Dorsten 21 sprechen. Ich bin dafür. Media Markt nicht zu bekommen – das wäre blöd.“
Lippetor: Er sei „froh, dort Ende nächsten Jahres eine Baustelle zu haben für ein neues Center, das unsere Innenstadt nicht platt macht, sondern bereichert.“
Jungunternehmen: Windor bietet Gründerberatungen. Allein im letzten Jahr gab es 150 Erstkontakte. Gefragt seien die Berater vor allem als Lotsen in Verwaltungsdingen.
Energie: Windor betreibe mittlerweile 23 Heizzentralen, zumeist als Dienstleiter für städtische Immobilien, hat damit im letzten Jahr 25 Mio Kilowattstunden Wärme und 3 Mio kW/h Strom erzeugt und gegenüber Marktpreisen 160 000 Euro gespart.
Tourismus: Der Reisemobilplatz an der Eishalle erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Nach 830 Übernachtungen im ersten Jahr (2002) waren es zuletzt 6400. „Gäste, die viel Geld in der Stadt lassen“, so Lütkenhorst. Dazu passt: Die Stadtinfo hatte an ihrem neuen Stadtort in der Recklinghäuser Straße im Haus der WAZ-Redaktion im letzten Jahr 12 000 Besucher, 1100 Gäste nahmen an den unterschiedlichen Stadtführungen teil.
Dorstival: Das Rockfestival auf der Halde (Lütkenhorst hatte es beim Dankeschön-Abend für die Ruhr 2010-Helfer im Januar angedeutet) wird es schon in diesem Jahr wieder geben und nicht erst 2013. Nach der Zusage eines Sponsoren sicherte RAG-Chef Tönjes am Donnerstag zu, dass die Bergehalde wieder Festivalhügel werden kann.

Als einen Mann, „der in seinem ganzen Leben etwas in Bewegung gesetzt hat“, kündigte Lütkenhorst schließlich Gastredner Bodo Hombach an. Der frühere Politiker, heute Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, habe gezeigt, „dass man vom Fernmeldelehrling in Mülheim zum Botschafter des Ruhrgebiets werden kann“.

In seiner Rede skizzierte Hombach die besondere Bedeutung des Lokalen. Was vor der Haustür geschehe, ziehe 85 % der Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Wenn sie sich einmischen wie in Stuttgart, seien sie „eher Mut- als Wutbürger“, die dem Sachverstand der Gegenseite absolut gewachsen waren. Im Dialog zwischen Institutionen und Bürgern komme lokalen Journalisten überragende Bedeutung zu. Hombach: „Der lokale Journalist muss realitätssüchtig sein. Er muss auch dort Transparenz schaffen, wo sie nicht erwünscht ist. Er muss nicht die Antworten haben, aber die richtigen Fragen stellen.“