Lünen. .

Die Nachricht vom Rücktritt Freiherr Karl-Theodor zu Guttenbergs machte gestern schnell die Runde. Unsere Zeitung fragte bei Lüner Politikern nach, was sie vom Rückzug des Verteidigungsministers halten.

CDU

„Ich hätte gut damit leben können, wenn er weitergemacht hätte“, bedauert Herbert Jahn, Stadtverbandsvorsitzender der Lüner CDU, die Entscheidung zu Guttenbergs. Wenn sich jemand einen akademischen Titel erschleiche, sei dies zwar nicht zu entschuldigen, auch habe die Sache dem Wissenschaftsstandort Deutschland geschadet. „Doch er war ein Politiker, der die Probleme beim Namen genannt und Lösungen angepackt hat“, sagte Jahn. Er hätte sich gewünscht, dass zu Guttenberg als Verteidigungsminister weitere Impulse hätte setzen können. Schließlich habe zu Guttenberg auch den Mut gehabt, „deutlich auszudrücken, in welcher Situation sich die Soldaten in Afghanistan befinden“.

Gleichzeitig zeigt Jahn Verständnis für den Entschluss des Unionskollegen: „Der Druck war schon stark in den letzten Wochen. Vielleicht ist es richtig, vorerst ins zweite Glied zu treten.“

SPD

„Die Entscheidung kam deutlich zu spät“, kommentierte Michael Thews, Lüner SPD-Chef, den Rücktritt zu Guttenbergs. Auch mit der Begründung konnte sich Thews nicht anfreunden. Zu Guttenberg habe die Kampagne gegen ihn zu sehr in den Vordergrund gestellt – und nicht seine persönlichen Verfehlungen.

Er hätte niemals einfach so weitermachen können: „Seine Glaubwürdigkeit war den Bach runter. Wie hätte er sich so vor junge Soldaten stellen können?“ Doch nicht nur zu Guttenberg müsse sich selbst hinterfragen, so Thews.

Auch die Medien, die zu Guttenberg zunächst so hochjubelten, die Uni Bayreuth und speziell zu Guttenbergs Doktorvater müssten in sich gehen. Die Auswirkungen für die Politik bezeichnet Thews als „verheerend“: „Wenn ein so beliebter Politiker abstürzt, schadet das immer der Politik.“

GFL

Der Rücktritt sei ein zwangsläufiger, erforderlicher Schritt gewesen, „der zudem noch längst überfällig war“, betont Prof. Dr. Johannes Hofnagel, Vorsitzender der GFL. Durch das Handeln Guttenbergs hätten Politik auch Wissenschaft Schaden genommen. Wenn eine so hoch angesehene Persönlichkeit mit unlauteren Mitteln sich einen Titel erschleiche, dann biete das ein schlechtes Beispiel für andere. „Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg war ein beliebter Politiker, viele sind jetzt von ihm enttäuscht.“ Das müssten die Menschen verdauen.

Bündnis 90/ Die Grünen

Die Parteisprecherin der Grünen, Erika Roß, hofft, dass sich jetzt einige Beteiligte Zeit zum Nachdenken nehmen. „Auch Herr Guttenberg. Der Rücktritt musste sein“, erklärte die Grünen-Chefin. „Vor allem, wenn man die Rücktritte anderer und ihre Beweggründe im Blick hat.“ Als Beispiel fiel Roß Margot Käßmann ein. Sie hatte wegen einer Trunkenheitsfahrt ihre Ämter als hannoversche Landesbischöfin und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland niedergelegt.

Im Zuge der Affäre um Guttenberg hätten sich auch die Menschen blamiert, betonte die Politikerin, die sich für ihn weit aus dem Fenster gelehnt hätten. Ihrer Meinung nach habe auch der gesamte Stand der Akademiker einen Schaden davongetragen. „Etwas bleibt immer davon hängen.“

FDP

Der FDP-Stadtverbandsvorsitzende Dr. Norbert Katte betrachtet den Rücktritt Guttenbergs aus zwei Perspektiven. „Der Psychiater in mir sagt, dass man in jeder Krise eine Chance sehen soll. Es ist gut, dass er jetzt zur Ruhe kommt.“

Aus Sicht eines Politikers findet es Katte richtig, dass, „wenn man so viel Mist macht, man dafür Verantwortung übernehmen muss.“ Dennoch, Guttenberg sei jung, könne noch lernen und wer weiß, was in vier, fünf Jahren sei. „Man sollte ihn nicht abschreiben.“

UWS

UWS-Vorsitzender Dieter Klecha bedauert den Rücktritt Guttenbergs. „Er war ein guter Politiker und hat sich gut verkauft.“

Die Entscheidung, sein Amt als Verteidigungsminister niederzulegen, betrachtet Klecha jedoch als letzten Schritt, der fehlte und der noch eher hätte geschehen müssen. Ohnehin herrsche eine Politikerverdrossenheit in der Bevölkerung und dafür würden die Politiker selbst sorgen. Als Beispiel nennt Klecha die jüngsten Ereignisse im Rat. „Politik muss ehrlicher werden, nachvollziehbarer und gradliniger.“ Sowohl im Großen als auch im Kleinen.