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Schon im Kindergarten zeigt sich, wer ein Faible fürs Verkleiden hat. Konfessionsbedingte Vorlieben sind überholt. Doch gibt es ein Karnevals-Gen? Oder ist die Liebe zu Karneval anerzogen? Die NRZ hörte sich um.
Susanne Nuske-Bonn ist stellvertretende Leiterin des St. Irmgardis Kindergartens. „Unsere Kinder haben am Sonntag die Sitzung im Bürgerhaus mitgefeiert und begrüßten uns am Montag schon mit Helau. Sie waren völlig aus dem Häuschen!“ Im Kindergarten verkleiden sich die Kleinen nicht nur zu Karneval, sondern auch Themenbezogen. „Wir haben Pippi Langstrumpf vorgestellt und dazu kamen jetzt zwei Kinder als Affen verkleidet.“ Auch Kinder mit Migrationshintergrund haben keine Scheu vor Karneval und feiern gerne mit.
Marcel Palm vom Sonnenscheinkindergarten macht andere Erfahrungen: „Besonders die Kleinen fürchten sich vor der Verkleidung, fühlen sich unsicher, wenn es zu wild, zu unübersichtlich und zu fremd zugeht.“ Andere Kinder lieben es, sich zu verkleiden. „Es sind die Kinder, sie vom Charakter her eher gesellig sind.“ Daher bietet der Kindergartenleiter am Freitag, wenn Karneval gefeiert wird, Rückzugsmöglichkeiten und Ruheräume für die anderen.
Markus Zeppen, Leiter des Jugendhauses, hat in diesem Jahr darauf verzichtet, eine Karnevalsfeier zu organisieren. „Wir haben in den Kindergruppen Masken gebastelt für die Kindersitzung im Bürgerhaus.“ Leider, so seine Erfahrung, verbinden die Jugendlichen bereits ab 14 Jahren Karneval mit Alkohol. „Während sich die Kinder noch gerne verkleiden und spielerisch in eine andere Rolle schlüpfen, verstecken sich die Großen eher unter Masken und nehmen Karneval als Freiraum, das zu machen, was sonst nicht er-laubt ist. Markus Zeppen hat schon als Kind Karneval nicht gemocht. „Einmal wollten meine Eltern, dass ich mich als Clown verkleide, ich selbst wollte lieber Cowboy sein. Das war ein harter Kampf.“ Daher empfiehlt er, den Kinder die Wahl zu lassen. „Als ich in Köln gelebt habe, hieß es immer, Karneval ist ein Ventil, um in andere Rollen zu schlüpfen und Dampf abzulassen.“
Pastor Spörkel ist kein Karnevalsfan
Theo Lörcks gilt als höchst talentiert, wenn es gilt, humorvoll durch eine Veranstaltung zu führen. Dass er selbst rein gar nichts mit Karneval am Kopf hat, glaubt kaum jemand. „Ebenso wie mein Zwillingsbruder haben wir Karneval nicht gemocht und uns auch nicht verkleidet.“ Maximal ein buntes T-Shirt trägt Theo Lörcks, wenn er beim Kostümfest der Bürgerschützen die Demaskierung durchführt. Auch seine drei Kinder sind keine Karnevalisten. „Dass Lena jetzt die Kinderkarnevalssitzung moderiert hat, hat sie nur gemacht, weil sie so etwas ganz gut kann, aber verkleiden mag sich in unserer Familie nur meine Frau.“
Als Pastor Hans-Gerd Spörkel vor über 25 Jahren nach Haldern kam, war für die evangelische Gemeinde Karneval ein Hemmnis. „Doch dann wurde unsere Frauenhilfe zum kfd-Karneval eingeladen.“ Der Bann war gebrochen. Heute gehen die Frauen konfessionsübergreifend zum Frauenkarneval.“ Dass aber auch immer mehr Jugendliche gerne feiern, merkt er daran, dass es schwer wird, am Karnevalswochenende, an dem eine Konfirmandenfreizeit angeboten wird, ältere Jugendliche für die Betreuung zu gewinnen. Sie möchten lieber feiern. Spörkel glaubt nicht, dass es eine genetische Veranlagung für Karneval gibt, erst recht keine konfessionelle Prägung. „Es ist eher so, wie man es von Vorbildern erlebt hat. Ich selbst konnte Karneval nie etwas abgewinnen und mochte mich nicht gerne verkleiden. Wie meine Eltern. Auch meine Kinder sind keine Karnevalfans. Wenn sich einer verkleidet hat, dann eher als Protest, zum Beispiel als Punker. In die unheimlichen Rollen schlüpfen die Jugendlichen heutzutage an Halloween.