Schwerte. .

Der Fluch der Karibik muss nichts sein gegen das, was sechs Schwerter hier vor Ort erfahren mussten: die Rückkehr in den Winter. Allerdings wärmen die Erinnerungen an den 14-tägigen Segeltörn in der Karibik auf der Alexander-von-Humboldt. Antigua, Dominica, St. Lucia, Bequia, Cariacou oder Guadeloupe waren Stationen einer Reise. Nein, eines Abenteuers.

Auf jeden Fall hat das Sextett die Farben der Ruhrstadt bestens vertreten. Die Schwerter stellten die größte Gruppe auf dem Dreimaster, auf dem 59 Menschen zwischen 20 und 72 Jahren, darunter 25 Mann Stammbesatzung, eine verschworene Gemeinschaft bildeten. Karlo Hübscher aus Villigst war dabei. Sie nannten ihn Reiseleiter. Volker Stuhlmann, die Brassmaschine (kommt vom Segel brassen), Mastersatz Martin Sehrbrock, Franz „The man in black“ Westermann, Michael Vieth und Frank Schornsheim – einer für alle, alle für einen, sogar im Pumakäfig.

So wurde die Kajüte genannt, in der acht Menschen nächtigten. Ohne Fenster. Mit geöffneter Lüftungsluke nur in den Häfen. Da kann sich jeder vorstellen, warum das Schlafgemach Pumakäfig heißt. Das wird auf der Alexander-von-Humboldt 2 anders werden: Viererkabinen mit Klimaanlage – was für ein Luxus!

Dass sie den nicht haben würden, wussten die Jungs vorher. Dass es kein Urlaub in der Hängematte mit einem Caipirinha auf der Hand werden würde, ebenso. Nein, sie mussten sich einbringen in den täglichen Ablauf auf dem Schiff mit den grünen Segeln, unter denen schon so mancher Männerdurst gelöscht wurde. Alkohol auf dem Schiff hingegen war verpönt, außer beim Captains Dinner. „Das war absolut beeindruckend“, schwärmten Franz Westermann und Michael Vieth unisono. Immerhin hat Kapitän Gerhard Lickfett die Weltmeere befahren und alle großen Segelschiffe gesteuert. Ja, der Mann hatte was zu erzählen, und weiß Neptun nicht nur Seemannsgarn.

Der Tagesablauf. Für Volker Stuhlmann zum Beispiel war die Nacht morgens um kurz nach drei beendet. Wache. „Gode Ruh“ schickte er der abgelösten Wache hinterher. Dann hieß es vier Stunden lang die Augen auf, ebenso von 16 bis 20 Uhr. Ankerwache, Hafenwache, Sicherheitswache. Oder Backschafter. Die bereiten die Mahlzeiten in Absprache mit der Kombüse vor oder reinigen Sanitäranlagen, Betriebsgänge oder Messen. „Wenn ich mal fünf Stunden am Stück geschlafen habe, war das viel“, so Volker Stuhlmann.

Machte aber nichts. „Diese Eindrücke kann mir keiner mehr nehmen“, sagt Michael Vieth. Ob er noch mal fahren würde? „Eher nicht“, glaubt der Schwerter. Er war der einzige unter den sechs Schwertern, der erfahren hat, was es heißt, seekrank zu sein. „Das ist die Hölle“, sagt er. Kein Wunder bei sechs Meter hohen Wellen und durchschnittlicher Windstärke von 6, in Regenböen sogar 8. Sturmsegel waren gesetzt, als die Alexander von Humboldt den Hafen von St. Johns auf Antigua und Barbuda verließ. Schräglagen gab’s bis zu 20 Grad. „Aber Dank unserer sehr guten Schlingerkiele hatten wir nur sehr wenige Ausfälle durch Seekrankheit“, schreibt Gerhard Lickfett in seinem Törntagebuch. Einer davon war Michael Vieth. „Man kann es sich nicht vorstellen“, sagt er. „Die ersten vier Stunden fühlt man sich noch wie auf einem Kirmeskarussell, danach fragt man sich nur noch, wann’s denn endlich aufhört.“

Für andere hingegen ist klar: Das machen wir nochmal! Volker Stuhlmann zum Beispiel. Oder Franz Westermann, dem es überhaupt nichts ausmachte, 25, 30 Meter hoch im Rigg, also in der Takellage zu stehen. Reiseleiter Hübscher hat sogar die Planken geschrubbt – na, und? Auf ein Neues könnte es auch für ihn heißen.

Die Eindrücke jedenfalls müssen überwältigend gewesen sein. Blaues Wasser, blauer Himmel, weiße Sandstrände wie Otto Normalverbraucher sie nur von Bildern kennt, Delfine, fliegende Fische, riesige Schildkröten. Hafenkneipen, karibische Cocktails – „echt lecker, echt doll“, wie einer der Schwerter bemerkte. „Ich kann jetzt jede Insel dort am Geschmack erkennen.“

Das teuerste und modernste Segelschiff der Welt, die Malteser Falcon, haben sie gesehen. Schlappe 800 Millionen kostet es. Und „einen strahlend schwarzen Himmel mit so vielen Sternen, wie ich sie noch nie gesehen habe“, schwärmt Michael Vieth. „Der Mond bildete nur eine Sichel und ließ das Meer aussehen wie Quecksilber.“ Da ist es, das Päckchen Sehnsucht nach den warmen Schiffsplanken der Alexander von Humboldt.