Haldern. .
Das Altenheim St. Marien spürt schon deutlich, dass die Zahl der guten Pflegekräfte in den letzten Jahren abgenommen hat. Nicht jede offene Stelle kann auf Anhieb besetzt werden.
Die Zahlen sind alarmierend: Schon heute arbeiten über eine Million Menschen in der Pflege. Bis zum Jahr 2050 wird der Bedarf an Pflegekräften um das Dreifache steigen. Was das bedeutet, hat der Caritasverband der Diözese Münster jüngst errechnet. Um den Bedarf zu decken, müsste schon im Jahr 2025 jeder vierte Schulabgänger in die Pflege gehen.
Dass die Zahl guter Pflegekräfte bereits merklich gesunken ist, diese Erfahrung macht Dagmar Freericks, Pflegedienstleiterin im Halderner Alten- und Pflegeheim St. Marien, jetzt häufiger. „Noch vor sechs, sieben Jahren konnten wir zwischen zehn und 15 Bewerbern auswählen“, erinnert sie sich. Heute kann sie nicht mal mehr jede offene Stelle auf Anhieb besetzen. „Es reicht ja nicht nur ein gutes Examen, wir schauen auch darauf, dass der neue Kollege oder die neue Kollegin ins Team passt“, stellt Geschäftsführer Johannes Fockenberg klar. Darüber hinaus müssen die Bewerber Engagement zeigen sowie Spaß und kreative Ideen mitbringen, um den Alltag der Bewohner zu gestalten.
Anna Stappert ist so eine, die Spaß an der Arbeit mit älteren und pflegebedürftigen Menschen hat. Das hat die heute 19-Jährige während eines Praktikums im Isselburger St. Elisabeth-Heim herausgefunden. Dort hatte sie sich Spiele für Senioren ausgedacht. Mit den sehr nervösen älteren Menschen hatte sie sich einzeln beschäftigt. „Die waren so dankbar“, hat sie erstaunt. Die direkte Rückmeldung auf ihre Arbeit war es, die Anna Stappert umgestimmt hat. Denn zunächst hatte sie Hauswirtschafterin werden wollen. „Ich habe meine Entscheidung nicht be-reut“, sagt die junge Frau, die sich in St. Marien seit 1. Oktober im ersten Ausbildungsjahr befindet.
Fünf Mitarbeiter gehen
2011 in den Ruhestand
Gleich fünf junge Menschen sind hier in der Ausbildung. „Für eine Einrichtung unserer Größenordnung sehr viele“, weiß Johannes Fockenberg. Aber sein Bestreben geht dahin, die Pflegekräfte für sein Haus selbst heranzubilden. Zumal auch viele seiner Pflegekräfte ins Ruhestandsalter kommen. „Allein in diesem Jahr werden fünf Mitarbeiter aus der Pflege in Rente gehen“, weiß Dagmar Freericks.
Was die Caritas ebenfalls herausgefunden hat: Nur knapp zwei Prozent der männlichen Schulabgänger konnten sich den Pflegeberuf vorstellen und auch nur gut zehn Prozent der Mädchen. Das zeigt sich auch in Anna Stapperts Freundeskreis. „Keiner meiner Freundinnen kann sich vorstellen, in den Pflegeberuf zu gehen“, sagt sie. Dennoch erntet sie von denen Anerkennung für ihre Berufswahl. „Die haben teilweise Großeltern in Pflegeeinrichtungen und finden das deshalb wichtig und gut“, hat sie erfahren. Sie findet aber, dass der Beruf zu Unrecht gebrandmarkt ist. „Zumindest als Azubi verdient man relativ viel in Vergleich zu anderen“, hat sie in Gesprächen mit Lehrlingen anderer Berufszweige erfahren. Auch die Arbeit findet sie keineswegs uninteressant. Anna Stappert glaubt, dass einigen die Arbeit keine Freude macht, weil sie schlicht überlastet sind. „Eine Klassenkameradin, die im Westfälischen arbeitet, hat beispielsweise viel beruflichen Stress, weil sie wie eine ausgebildete Pflegerin eingesetzt wird“, hat sie erfahren. Grund sind die vielen Krankheitsfälle in der Einrichtung.
Aber gerade ein gutes Arbeitsklima hält Fockenberg für das A und O. Wichtig sei, sich als Team zu verstehen, Fortbildung zu ermöglichen. „Wenn der Mitarbeiter sich nicht wohl fühlt, dann überträgt sich das auf den alten Menschen“, so sein Credo.