Werdohl. .

Ob das Bildungspaket aufgeschnürt wird, muss heute der Bundesrat entscheiden. Es soll Kindern in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften einen besseren Zugang zu Kultur und Sport verschaffen, sieht Zuschüsse für Lernhilfen, Mittagessen oder Schulausflüge vor. 520 Kinder könnten laut Jobcenter in Werdohl von Gutscheinen profitieren.

Dass das Geld im schulischen Bereich gebraucht wird, macht Christel Kringe, Leiterin der katholischen Grundschule, deutlich. Zwar gebe es schon Zuschüsse für die Nachmittagsbetreuung in der offenen Ganztagsgrundschule, doch gezielte Förderung, etwa im Bereich Sprache, Rechenschwäche, Ergotherapie oder Entspannung koste viel. Kringe: „Es mangelt oft am Geld.“

Auch von der Teilhabe an Kultur und Sport sind Kinder aus bedürftigen Familien schon heute nicht ausgeschlossen – dem Werdohl-Pass sei Dank. Den Ausweis hat die Stadt bereits 1989 eingeführt. Seit der letzten Änderung 2005 hat das Sozialamt 845 Werdohl-Pässe ausgestellt.

Leistungen aus dem geplanten Bildungspaket gibt es auch erst dann, wenn keine Zuschüsse von Stadt oder Land fließen. Welche Ermäßigungen und Befreiungen gibt es aber in Werdohl bereits und welche Lücken bestehen ohne Bildungspaket noch?

Werdohl-Pass: Der städtische Rabattausweis (Infobox) berechtigt zur kostenlosen oder preisreduzierten Nutzung öffentlicher Einrichtungen, darunter die Stadtbücherei, städtische Kulturveranstaltungen, Musikschule, VHS Werdohler Kinderspaß, Frei- und Hallenbad. Vor allem in der Freibad-Saison würden sehr viele Anträge gestellt, hieß es aus dem Rathaus.

Volkshochschule: Die VHS ermäßigt die Kursgebühren um 50 Prozent oder befreit ganz. Wer einen Schulabschluss nachholen will, zahlt lediglich eine Anmeldegebühr von 50 Euro – bis zu 200 Euro könnten es regulär sein. Eine ganz bewusste Entscheidung, erläutert VHS-Leiterin Barbara Funke, um angesichts der vielfach prekären Einkommenstruktur im Lennetal möglichst vielen jungen Menschen den Abschluss zu ermöglichen. „Wir merken, dass es zunehmend in Anspruch genommen wird“, so Funke.

Musikschule: Ermäßigungen der Unterrichtsgebühr um 50 Prozent bei Vorlage des Werdohl-Passes werden dort gewährt. „Es wird stark angenommen“, heißt es.

Sportvereine: Beim TuS Jahn Werdohl etwa ist seit zwei Jahren bei nachgewiesener Bedürftigkeit die Mitgliedschaft kostenlos. Auf der jüngsten Delegiertenversammlung hatte der Vorsitzende des Stadtsportverbandes ähnliche Regeln allen Sportvereinen empfohlen. „Es kann nicht sein, dass die Kinder darunter leiden, wenn der Vater Hartz-IV-Empfänger ist“, sagte Rudi Völker zur WR.

Grundschulen: Schulfahrten und Mittagessen werden bereits bezuschusst (Infobox). Sybille Böddecker, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule, weist aber auf verschämte Armut hin. „Das größte Problem ist, nicht zu wissen, welche Kinder bedürftig sind.“ Auch Christel Kringe hat die Erfahrung gemacht, dass bei geplanten Klassenfahrten viele Familien in letzter Minute ihre prekäre Finanzsituation schildern. „Dabei ist keine Offenbarung nötig“, so Kringe, „wir müssen aber darüber ins Gespräch kommen.“