Lünen..

Mit dem Mikroskop suchen Restauratoren in der Geschwister-Scholl-Gesamtschule nach Spuren, die Architekt Hans Scharoun in den 1950er Jahren hinterlassen hat. „Wir versuchen, den Original-Wandanstrich zu entschlüsseln“, erklärt der Kunsthistoriker Dr. Christoph Hellbrügge.

Karteikästen, Karten, Kataloge und Messgeräte türmen sich in seinem „Labor“, das er mit seinem Mitarbeiter Jochen Koeniger in der Pausenhalle der Schule aufgebaut hat. „Wir haben es mit einem hoch komplexen Farbsystem zu tun“, sagt Hellbrügge. Jede Seite einer Deckenstrebe könne unterschiedlich gestaltet gewesen sein. „Die Idee dahinter ist nicht Dekoration, sondern pädagogische Absicht.“ Überliefert seien aus der Zeit nur Schwarz-Weiß-Fotos, „deshalb ist das hier Detektivarbeit“, so der Restaurator.

Seine Arbeit ist Teil der denkmalgerechten Sanierung des Scharoun-Baus. Eindrücke davon sammelten gestern Mitglieder der CDU-Fraktion. Architekt Prof. Oskar Spital-Frenking, der das Großprojekt betreut, und Schulleiter Heinrich Behrens führten die Gäste durch die Baustelle. Dabei wurde deutlich: Um den Denkmalwert und den Aufwand für die Acht-Millionen-Euro-Maßnahme zu vermitteln, sind viele Erklärungen nötig. Von der Klimatisierung durch ein Heiz-Lüftungs-System, das Schächte und Kippfenster einbezieht, müssen Skeptiker ebenso überzeugt werden wie von der Schiefertafel, die schon wieder installiert ist. „Flecken“ an der frisch eingebauten Klassenzimmerdecke fallen auf. Man habe an einigen Stellen Original-Paneele erhalten, damit zukünftige Generationen Scharouns Bauweise und -Material so genau wie möglich nachvollziehen können, erfahren die Gäste. Zum Brandschutz gehört, dass jede Klasse im Erdgeschoss einen Zugang zum eigenen Garten hat.

Jeder Raum ist unterschiedlich – „so wie die Menschen darin“, sagt Heinrich Behrens, der vom Nutzen der Sanierung überzeugt ist. Dafür nehme man den Umzug in Unterrichtscontainer gerne in Kauf, genauso wie die deutliche Verkleinerung des ehemaligen Bolzplatzes, der als Tartan-Anlage wiedererrichtet werden soll. Schulsport ist derzeit auch von Sanierung betroffen – aber von den Arbeiten in der Dreifachturnhalle.

„Unsere Schüler weichen zur Soccer Hall, Tennis Oase und Halle der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule aus“, berichtet Behrens. Auch sollen noch in diesem Jahr Bauarbeiten in der ehemaligen Realschule beginnen, in der ein Teil der Gesamtschule untergebracht ist. „Dann kommen weitere 16 Container und gigantische Probleme auf uns zu, weil uns Lehrerzimmer, Büros und Fachräume fehlen“, berichtet der Schulleiter. „Wir haben sogar über einen Umzug ins ehemalige Hertie-Haus nachgedacht – ernsthaft, aber das wird nichts.“

Ein Lichtblick sei die Fertigstellung des Scharoun-Baus in drei Bauabschnitten bis 2012. Oskar Spital-Frenking machte seine Begeisterung für das Projekt deutlich, indem er den Bau erneut als „qualifiziert“ für eine Bewerbung zum Unesco-Welterbe beschrieb. Um von der Völkergemeinschaft als schützenswertes Bau- oder Naturdenkmal angesehen zu werden, muss neben dem aktuellen Erhaltungszustand auch ein überzeugender Erhaltungsplan vorgelegt und die kulturhistorisches Bedeutung nachgewiesen werden: Auf der Liste steht das Architektur-Schwergewicht Bauhaus mit seinen Stätten in Weimar und Dessau.