Lüdenscheid. .

„Herzlichen Glückwunsch! Sie haben bestanden“, gratuliert der Prüfer vom TÜV dem erfolgreichen Fahrschüler. Und fügt hinzu: „Haben Sie eigentlich schon einen Organspende-Ausweis?“ Ein durchaus mögliches Szenario, sollten sich zwei Bundespolitiker mit ihren Ideen durchsetzen. Aber: Sind gerade Führerschein-Neulinge im Alter von gerade einmal 17 oder 18 Jahren schon bereit für so eine Frage? Jens Bracht, Fahrlehrer in Lüdenscheid, glaubt das nicht. Und auch Anke Keller vom Bürgeramt im Lüdenscheider Rathaus findet den Gedanken ziemlich befremdlich“, mit einem neuen Personalausweis auch Werbung für die Organspende zu machen.

Thema ist denkbar im Jugendforum Unfälle

Wie am Montag im WR-Politikteil berichtet, stellen die Bundespolitiker Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Volker Kauder (CDU) demnächst im Bundestag die Idee zur Diskussion, für Organspenden künftig offensiv mit der Ausgabe des Führerscheins oder eines neuen Personalausweises zu werben.

Die WR erreicht Fahrlehrer Bracht per Handy, passenderweise bei einer Fahrstunde mit drei Jugendlichen: Einer von ihnen lehnt das Thema gleich ab, der zweite hat sich „noch keine Gedanken“ dazu gemacht. Der dritte in der Runde hat von „Organspende“ immerhin im Unterricht gehört, fand es aber eher langweilig. 23 oder 24 sollten die jungen Leute schon sein, um darüber nachzudenken, findet Bracht. Da sei die Verbindung mit der Ausgabe des „Perso“ schon angebrachter.

Personal- plus Spende-Ausweis – die Koppelung sei grundsätzlich praktikabel“, so Anke Keller vom Bürgeramt im Lüdenscheider Rathaus. Info-Broschüren zum Thema lägen ohnehin bereits aus. Fehlten nur noch verbindliche Vorgaben für ein persönliches Gespräch mit den Kunden. Eben dieses Gespräch müsse dann aber „einfühlsam“ geführt werden.

Thomas Schulte von der Führerscheinstelle im Kreishaus kann sich vorstellen, die Info-Broschüren zur Organspende im Bürgerbüro auszulegen – und Kundschaft etwa bei der Kfz-Zulassung auf das wichtige Thema aufmerksam zu machen. Die Schüler erreiche man dagegen – siehe oben – bei der Fahrprüfung. Oder aber in Kursen, die sich regelmäßig mit dem Thema „Unfälle“ befassen.

Im Jugendforum „Traffic Deadline“ zum Beispiel, in dem der Lüdenscheider Notarzt und Anästhesist Dr. Frank Mewes Oberstufen-Schülern der Gymnasien im Alter von 17 bis 19 Jahren auf mitunter drastische Weise die Gefahren durch Verkehrsunfälle nahe bringt. Er kann sich gut vorstellen, hier auch die Organspende zu thematisieren. „Schüler sind da offener als ältere Leute“, vermutet er.

Grundsätzlich hält Mewes die freiwillige Organspende aber nicht für besonders ergiebig. Sinnvoller sei da schon eine Regelung, bei der jeder Bundesbürger als Spender in Frage komme – sofern er nicht widerspreche.

Und mit dieser Ansicht steht Mediziner Mewes nicht alleine da. Auch Anke Keller aus dem Bürgeramt sähe diese Widerspruchsregelung lieber, wie sie etwa in Österreich und Spanien bereits gilt. Und das mit Erfolg, weiß Manfred Quellenberg. Der 69-jährige ehemalige Lehrer leitet die Lüdenscheider Selbsthilfegruppe Nierenkranke, Dialysepatienten und Transplantierte. Dadurch sei die Zahl der Transplantationen in Europa deutlich gestiegen – zum Wohle all jener Patienten, die auf ein fremdes menschliches Organ wie eine Niere dringend angewiesen seien.