Dorsten. .

Sechsundzwanzig Auftritte in zwei Monaten, einer am Freitag in Dorsten, so sieht das Tourprogramm „Das Wunschkonzert der Operette“ aus. Verpflichtet wurden das Orchester „Symphony Prague“ unter Leitung von Stefan Britvik und vier hochkarätige Solisten: Undine Martin (Sopran), Kristi Anna Isene (Sopran), Max Prodinger (Tenor) und Maik Tödter (Bariton).

350 Zuschauer in der Ursulinen-Aula sahen der Erfüllung ihrer Musikwünsche entgegen. Das Orchester begann mit der Ouvertüre der meistgespielten Operette „Die Fledermaus“ und stellte sofort seine Klasse unter Beweis. Undine Martin schlüpfte in die Rolle der charmanten Conferencieuse und präsentierte ihre Kollegen, das Orchester und den großen Walzerkönig Johann Strauss (Sohn). Schmunzelnd berichtet sie von Zeitungsartikeln der Jahre 1834/35, in denen die „neue Musik“ als „Sitten verrohend“ und „lasterhaft“ galt. Mit dem Duett „Wiener Blut“ zeigten Isene und Prodinger, was gemeint war – aus heutiger Sicht mehr als unschuldig.

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Von DerWesten

Es folgten wahrlich alle Evergreens vieler Operetten, ob Lehars „Gern hab ich die Frauen geküsst“, Zellers „Die Christel von der Post“ oder Lieder aus Millöckers „Bettelstudent“. Gerade beim „Ach ich hab sie doch nur auf die Schulter geküsst“ sah man bei Maik Tödter das Aufblitzen der ebenso notwendigen schauspielerischen Fähigkeiten der Operettensänger. Schwungvoll unterbrochen wurden die Gesangsbeiträge durch manche Polka.

Die Lieder der Operette fordern ein ebenso großes stimmliches Können wie die Arien der meisten Opern und die Sänger können spielend zwischen den Genres wechseln. Martin selbst ist Koloratursopranistin, Prodinger singt im Anschluss an diese Tournee den „Radames“ der Aida und die junge Kristi Anna Isene hat schon in der Rolle der „Pamina“ der Zauberflöte geglänzt.

Und so übertreffen sich die Künstler in ihren Interpretationen aus der „Lustigen Witwe“, der „Czardasfürstin“ und „Gräfin Mariza“, versprühen Lebenslust und vermitteln Freude an der Operette. Mit dem „Schwipslied“ aus „Eine Nacht in Venedig“ setzt Undine Martin den Höhepunkt. Sie schlägt die Zuhörer in ihren Bann, präsentiert eine grandiose sängerische und schauspielerische Leistung. Man kann es fast als Auftrag zur Rettung der Operette verstehen, der beim Publikum auf offene Ohren stößt, Beifall und stehende Ovationen auslöst. Zugaben werden einfordert, die mit der „Berliner Luft“ auch erfüllt werden.

Es bleiben die Frage, warum die Operette so wenig junges Publikum anspricht. Martin berichtet, dass sich vermehrt junge Künstler der Musikgattung widmen und sich seitdem junge Zuschauer einfinden.

Kommt der Applaus und die Begeisterung doch nur zustande, weil die Lieder an „die gute alte Zeit“ erinnern und somit zwangsläufig ältere Menschen ansprechen? Sind die Handlungen und Dramen der Werke zu sehr in den sehr überholten bürgerlichen Problematiken des ausgehenden 19. Jahrhunderts angesiedelt?

Noch gibt es genügend Zuschauer, die abstimmen, um auch das Programm für die nächste Tournee zusammen zu stellen. Wie sagte Bariton Maik Tödter im Gespräch? „Totgesagte leben länger.“