Lünen. .

Nur mal eben zur Tür raus, den Schlüssel auf dem Tisch vergessen – unter Umständen kann ein solcher Fehltritt teuer werden.

Für den etwa dreiminütigen Einsatz eines hiesigen Schlüssel-Notdienstes sollte eine Geschäftsfrau aus Lünen Anfang der Woche 224,91 Euro bezahlen. „Eine betrügerische Masche“, sagt sie, „mir fehlen die Worte“. Das Unternehmen äußerte sich zu dem Vorwurf am Mittwoch nicht.

„Das zahle ich nicht!“

Die Lünerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, hatte den Notdienst bei hilfsbereiten Nachbarn im Telefonbuch gefunden; der Betrieb war darin zwar ohne Adresse verzeichnet, aber unter Angabe einer Lüner Rufnummer. Nachdem die lediglich ins Schloss gefallene Tür kurze Zeit später ohne Komplikationen geöffnet war, präsentierte der Handwerker die Rechnung: 159 Euro für die „Notöffnung“ verlangte der Betrieb, außerdem 30 Euro für An- und Abfahrt. Inklusive Mehrwertsteuer: 224,91 Euro. „Das zahle ich nicht“, habe die Geschäftsfrau erwidert und einer Anzahlung von 100 Euro zugestimmt. „Ich wollte erst Verbraucherzentrale und Anwalt einschalten.“

Ein völlig normaler Preis, das zumindest findet Karsten Weber vom Düsseldorfer Verband Deutscher Schlüsseldienste. Weber bezeichnet den Verband als einen der größten auf diesem Sektor – im Kreise der allerdings recht überschaubaren 150 Mitgliedsbetriebe findet sich auch erwähnter Notdienst aus Lünen. 159 Euro für die ersten Arbeitsminuten entsprächen den vom Verband herausgegebenen Empfehlungen, auch die An- und Abfahrtspauschale sei korrekt. Man müsse bedenken, dass Notdienste „immer in Bereitschaft“ seien, oft nur dieses eine Standbein hätten.

„Üppig kalkuliert“

Ganz anders beurteilt Jens Ehlers, vom Bundesverband Sicherungstechnik Deutschland, den Fall – schließlich sei die Tür offenbar ohne Schwierigkeiten geöffnet worden und der Einsatz gegen Mittag, keinesfalls also zu nachtschlafender Zeit, erfolgt. „Der Preis ist üppig kalkuliert“, sagt er, „überhöhte Preise tolerieren wir nicht.“ Dass der Verband Deutscher Schlüsseldienste die 224,91 Euro für angemessen hält, wundert ihn nicht: Vergleichbare Gruppierungen seien oft Schein-Verbände, wirtschaftliche Zusammenschlüsse, die die Auftragsvergabe über zentrale Rufnummern organisierten. Firmen, die zu hohe Preise verlangen, täten der „Sicherheitsbranche, die vom Vertrauen der Kunden lebt, nicht gut“.

Überteuert findet auch Karsten Zimmer von der Bundesfachgruppe Schließ- und Sicherungstechnik den Service der Firma: Laut einem von seiner Fachgruppe erstellten Entwurf für eine neue Mittelstands-Empfehlung hätte die Lünerin nur 111,60 Euro zahlen müssen. Es gebe Verbände, die sich einen „seriösen Anstrich geben“. Eigentlich handele es sich aber nur um „eine Handvoll Betriebe ohne seriöse Geschäftsinteressen.“

Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, rät die Verbraucherzentrale zu vorausschauendem Handeln: Sinnvoll sei es, einen Schlüssel bei Bekannten oder Nachbarn zu deponieren, sagt Ingrid Deutmeyer von der Lüner Beratungsstelle. Sollte doch Hilfe gebraucht werden, sei es ratsam, schon im Vorfeld einen vertrauenswürdigen Betrieb in der Nähe ausgeguckt zu haben.

In jedem Fall müsse bereits am Telefon eine Preisabsprache getroffen werden, bestenfalls vor Zeugen. Mit der Entscheidung, nicht den vollen Preis zu bezahlen, habe die Lünerin richtig gehandelt: „Geld, das die Gegenseite hat, ist schwer zurück zu bekommen“, so Deutmeyer.