Neuenrade. .

„Eine Woche waren wir unterwegs“, berichtet Lkw-Fahrer Paulo Rausch von einer langen Reise auf Schneebedeckten Straßen nach Spanien. Am Donnerstag um kurz nach acht kam er auf dem Baumarkt-Hof am Hüttenweg an. Mit 25 Tonnen begehrter Ware im Gepäck: Streusalz.

Auftraggeber der nicht alltäglichen Tour war Jens Hilgert. Der Baumarktchef macht sich ob der Versorgungsengpässe Gedanken über Streusalz-Lieferquellen, wurde in Spanien besonders fündig. Gleich drei 18-Tonner mit insgesamt 75 Tonnen feinkörnigem Streu rollten gestern auf den Hof.

Er habe durch seine Kontakte in Spanien erfahren, dass es dort reichlich Salz gibt. Das Problem sei der Transport. „Man findet keinen spanischen Spediteur, der es nach Deutschland bringt, die transportieren zurzeit alle Orangen“, so Hilgert zur WR.

Er machte sich hier auf die Suche nach Transportkapazitäten und wurde bei der Werdohler Spedition von Kiedrowski fündig. Die Lkw fuhren letzte Woche leer nach Spanien. Das ist der Haken an der Sache. Das wirkt sich deutlich auf den Preis aus.

25 Tonnen Salz
aus Griechenland

„Zu teuer“, kommentiert ein Kunde, als er gestern früh die 11,99 Euro auf einem 25 Kilo Sack liest. „Letzte Woche hat es sechs Euro gekostet“. „Das sind die Transportkosten“, versichert Hilgert. Er verdiene daran nicht mehr: „Ich habe den selben Stücknutzen“, sagt der Baumarktchef zur Preiskalkulation. Nicht nur aus Spanien hat er sich Salz besorgt, vor zwei Tagen kamen bereits 25 Tonnen aus Griechenland an. Jetzt ist noch eine Lieferung aus Rumänien unterwegs und eine aus Estland wird noch erwartet.

Ein paar Häuser weiter, im städtischen Bauhof, ist man beim Thema Streusalz nicht zu sehr beunruhigt. „Wir bekommen zwar in diesem Jahr kein Streusalz mehr, aber wir kommen über die Runden“, so der Winterdienst-Koordinator Klaus Peter Korte. Im Silo ist noch Salz, darüber hinaus hat man Salzsäcke auf Vorrat. Bei Notsituationen wie überfrierender Nässe kann der Winterdienst adäquat reagieren.

Dass das so ist, sei nicht nur eine Frage der Beschaffungsproblematik, erläutert Bauamtschef Marcus Henninger auf Anfrage der WR. In Neuenrade setze man Salz sparsam ein, nur auf Busstrecken und an Steigungen. Zehn Gramm pro Quadratmeter sind andernorts üblich. Henninger: „Wir versuchen, unter zehn Gramm pro Quadratmeter zu bleiben.“ Sollte es angesichts der häufiger werdenden überfrierenden Nässe enger werden, „wird das Salz gestreckt“.

Neuenrade nicht in
Einkaufsgemeinschaft

Indes schimpft ein heimischer Pflegedienstmitarbeiter beim Blick auf die Winterdienstprobleme in der Nachbarschaft: „Unsere Frauen hatten in Werdohl richtig Schwierigkeiten.“ Von der öffentlichen Hand erwartet er, „dass sie sich ebenso an die Räumpflicht hält, wie das der Privatmann tun muss“.

Die gescholtene Nachbarstadt hängt wie andere auch am Tropf der 109 Kommunen umfassenden Salz-Einkaufsgemeinschaft mit dem Landesbetrieb Straßen.NRW. Das beschert Altena, Plettenberg und Werdohl leere Silos.

Neuenrade ist kein Mitglied der Gemeinschaft, kann nicht von den Preisvorteilen profitieren, die die große Abnehmerschaft für gewöhnlich erzielt. Neuenrade muss so eigene Wege bei der Beschaffung gehen. Das erweist sich zurzeit nicht als Nachteil. „Drei Züge haben wir seit Wintereinbruch geliefert bekommen“, berichtet Henninger: „Eines werden wir aber auf keinen Fall tun, kaufen um jeden Preis.“